1 Allgemeines Sicherheitsmanagement
Im Kapitel Allgemeines Sicherheitsmanagement sind alle Themen und Maßnahmen zusammengeführt, die den übergeordneten Rahmen für die Vorbereitung und Reaktion auf die verschiedenen Notfall- und Schadensszenarien im Kulturgutschutz bilden.
Zentrales Instrument ist der auf die jeweilige Einrichtung zugeschnittene Notfallplan, der die einzelnen methodischen und organisatorischen Fragen regelt und darstellt, beispielsweise Zuständigkeit und Vertretung, Erreichbarkeit im Notfall, Bergungspläne, Prioritätenlisten sowie Kooperations- und Vertragspartner. Grundlage jeder Notfallplanung und aller Maßnahmen ist eine spezifisch auf die Einrichtung zugeschnittene Risikoanalyse. Wichtig für das Sicherheitsmanagement ist die regelmäßig wiederkehrende Prüfung und Aktualisierung aller Festlegungen und Unterlagen sowie die Information und Schulung der internen und externen Beteiligten.
Eine strukturierte Sammlungsverwaltung auf der Basis vollständiger Inventarisierung ist Voraussetzung für effektive Präventionsmaßnahmen.
Prävention
Primäres Ziel des SiLK – SicherheitsLeitfadens Kulturgut ist die Prävention. Durch geeignete Maßnahmen soll ein Schadensereignis von vornherein möglichst verhindert bzw. die Eintrittswahrscheinlichkeit weitestgehend reduziert werden.
Sollte es dennoch zu Notfällen oder Katastrophen kommen, dienen die festgelegten organisatorischen, baulichen und technischen Schutzmaßnahmen dazu, das Schadensausmaß möglichst gering zu halten.
Dies gilt ebenso für Risiken, welche eine allmähliche Beschädigung, einen sozusagen „schleichenden Verfall“, bewirken oder begünstigen, beispielsweise die Nutzung von Archivalien oder der Verschleiß durch Museumsbesucher, ebenso für alle schädigenden Umwelteinflüsse, etwa klimatische Faktoren, Licht bzw. Strahlung, Schädlinge oder Schadstoffe. Die empfohlenen Schutzmaßnahmen sind darauf ausgerichtet, die schädigende Wirkung auf das unvermeidbare Minimum (Restrisiko) zu beschränken.
Eine Übersicht zu den möglichen Risiken für Kulturgut finden Sie in der SiLK-Sicherheitsmatrix.
Risikoanalyse
Bevor mit der Planung und Umsetzung von Maßnahmen begonnen werden kann, ist eine auf die jeweilige Einrichtung zugeschnittene Risikoanalyse durchzuführen. Die Risikoanalyse zeigt auf, welche der möglichen Bedrohungen für die Einrichtung relevant sind und mit welcher Wahrscheinlichkeit diese auftreten können. Auf dieser Grundlage können die für die Einrichtung entscheidenden Sicherheitsvorkehrungen effizient und nachhaltig geplant, eingeführt, umgesetzt und geübt werden.
Eine Risikoanalyse wird in der Regel durchgeführt, indem Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß multipliziert werden. Für die Einschätzung dieser beiden Werte sind die Erfahrungen mit bisherigen Notfällen sowie der Zustand und die Rahmenbedingungen der jeweiligen Einrichtung zu berücksichtigen und zu bewerten. Für eine einfache Risikoanalyse können die Formulare im SiLK-Wissenspool verwendet werden.
Die Risikoanalyse sollte alle zwei Jahre erneut durchgeführt werden, um die jeweils aktuelle Situation zu überprüfen, Veränderungen zu berücksichtigen und die Notfallplanung ggf. anzupassen bzw. zu aktualisieren.
Sicherheitsmanagement und Sicherheitskonzept
Das Sicherheitsmanagement (auch: Risikomanagement) ist die Organisation zur systematischen Erkennung, Analyse, Bewertung und Überwachung von Risiken. Es führt, lenkt und koordiniert eine Einrichtung in Bezug auf alle Sicherheitsaktivitäten.
Zentraler Bestandteil eines Sicherheitsmanagements ist ein Sicherheitskonzept. Hier werden alle relevanten Rahmenbedingungen, die definierten Schutzziele der Einrichtung sowie Maßnahmen zur Zielerreichung beschrieben. Das Sicherheitskonzept stellt die Basis für die Planung und Durchführung einzelner Sicherheitsmaßnahmen dar. Ziel der Erstellung und Umsetzung eines Sicherheitskonzepts ist das Erreichen eines geplanten Sicherheitsniveaus durch Minimierung der identifizierten Risiken.
Verantwortlich für die Entwicklung, Umsetzung und Aktualisierung sämtlicher Bestandteile des Sicherheitskonzepts ist grundsätzlich die Leitung der Einrichtung. Für Aufbau und Pflege von Sicherheitsmanagement und Notfallplanung ist es sinnvoll, eine Arbeitsgruppe einzurichten, in der – unter Leitung einer erfahrenen Person vorzugsweise aus der Führungsebene – Mitarbeiter/innen aller Abteilungen bzw. Bereiche vertreten sind und aktiv an der Planung mitwirken.
Notfallplan
Der Notfallplan, den jede Einrichtung passend für das eigene Haus entwickeln muss, hat zum Ziel, die notwendigen Reaktionen auf Notfallszenarien im Vorfeld zu planen und zu organisieren. Dort ist festgelegt, wer für welche Aufgaben im Notfall zuständig ist (Einrichtung eines permanenten Krisenstabs) und welche praktischen Maßnahmen in welchen konkreten Fällen zu ergreifen sind. Der Notfallplan regelt die interne Organisation (Erreichbarkeit im Notfall, Vertretung) und die Information der Mitarbeiter und ist gleichzeitig Grundlage für die Zusammenarbeit mit Externen – insbesondere der Feuerwehr. Der Notfallplan dient auch als Nachschlagewerk, das alle notwendigen Festlegungen enthält. Hinzu kommen Unterlagen wie Pläne, Bedienungsanleitungen der technischen Anlagen, Liste der Notfallmaterialien mit den Orten ihrer Aufbewahrung, Telefonlisten und Vertragsunterlagen.
Bei der Erstellung des Notfallplans ist darauf zu achten, dass die Sprache und die Grafik ein einfaches Erfassen der Inhalte auch unter Stress und Zeitdruck ermöglicht.
Welche Anlagen zum Notfallplan gehören und wie dieser aufgebaut sein kann, zeigen die Listen, Beispiele und Musternotfallpläne im Wissenspool Allgemeines Sicherheitsmanagement.
Eine regelmäßige Überarbeitung des Notfallplans ist erforderlich, um ihn an Veränderungen anzupassen und Erfahrungen aus Übungen und Einsätzen einzuarbeiten. Alle sechs Monate sollte der Notfallplan auf seine Aktualität hin überprüft werden. Bei jeder relevanten Veränderung von Rahmenbedingungen (z.B. Ausstellungsumbauten, Personalwechsel, Umstrukturierung, bauliche oder organisatorische Veränderungen) müssen die Auswirkungen auf das Sicherheitsmanagement bedacht und eine entsprechende Aktualisierung der Notfallplanung direkt vorgenommen werden. Auch temporäre Zustände (z.B. Baumaßnahmen, Sonderausstellungen, Veranstaltungen) sind zu berücksichtigen.
Dem Zeitaufwand und allen Anstrengungen, die bei der Ausarbeitung eines Notfallplans eingesetzt werden müssen, liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das Verhalten im Notfall geplant, organisiert und geübt sein muss, um das Ausmaß im Ereignisfall möglichst gering zu halten.
Krisenstab
Der Krisenstab übernimmt im Not- oder Katastrophenfall die Leitung, trifft Entscheidungen und koordiniert die Arbeiten.
Wichtig: Die Leitung der Einrichtung ist immer zuständig.
Zum Krisenstab gehören üblicherweise folgende Personen:
- Notfallkoordinator (Leiter des Krisenstabs)
- Teamleiter für einzelne Bereiche (Sicherheit, technischer Dienst für Gebäude und Anlagen (Haustechnik), Wissenschaft/Sammlungsverwaltung, Restaurierung, Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit, EDV-/Kommunikationstechnik, Betriebsrat)
- Sicherheitskräfte/Wachschutz
- Hilfskräfte
Der Krisenstab sollte sich vierteljährlich treffen und seine Zusammenarbeit organisieren. Zuständigkeiten und Verpflichtungen sind:
- Erarbeitung/Aktualisierung des Notfallplans und aller seiner Bestandteile
- Einleitung aller notwendigen Maßnahmen während und nach einem Notfall
- Information neuer Mitarbeiter
- regelmäßige Übungen mit allen Mitarbeitern
In sehr kleinen Einrichtungen können auch Externe einzelne Aufgaben übernehmen oder Unterstützung leisten, z.B. durch benachbarte Einrichtungen, Verwaltungen, Freiwillige/Ehrenamtliche.
Bergung
Unter Bergung wird hier die Sicherstellung von Kulturgütern aus dem Gefahrenbereich verstanden. Beim Bergen von Kulturgut handelt es sich immer um ein kurzfristiges Sicherstellen. Bleibt dagegen genug Vorlaufzeit (z.B. bei Baumaßnahmen), kann das Kulturgut vorsorglich ausgelagert werden. Es ist zu bedenken, dass jede Auslagerung und jeder Transport mit Risiken und möglichen Schäden verbunden ist. Deshalb ist immer zwischen Auslagerung und Schutz vor Ort abzuwägen.
Der Notfallplan hält für den Fall einer Bergung eine Liste mit möglichen Auslagerungsorten bereit, plant den Verlauf der Bergung, die sichere Aufbewahrung am neuen Ort und organisiert die ersten konservatorischen und restauratorischen Maßnahmen für das Kulturgut.
Besondere Aufmerksamkeit wird dem Bergungsplan (umgangssprachlich auch Evakuierungsplan genannt) gewidmet. Er wird in Vorbereitung auf möglicherweise notwendige Verlagerungen im Notfall erarbeitet, sodass die schwierige Entscheidung darüber, welche Objekte prioritär zu bergen sind, nicht unter Zeitdruck und eventuell von fachfremden Personen getroffen werden muss.
Der Bergungsplan kann praktische Hinweise geben für Entscheidungen, die in bestimmten Situationen zu treffen sind, z.B.: Welche Sammlungen sind bei welchen Notfällen vorrangig zu versorgen? Welche Räume sind in welchen Fällen als erste zu räumen? Wie kann ich möglichst viel erreichen, wenn mir nur wenige Helfer und wenig Zeit zur Verfügung stehen? So ist beispielsweise zu bedenken, dass die eigenen Mitarbeiter im Brandfall keinen Zutritt mehr zum Gebäude und somit auch keine Möglichkeit zur Bergung haben.
Weitere Informationen zum Thema Bergung enthält der Text des SiLK-Teams im Tagungsband 2018, S. 75-82:
KULTUR!GUT!SCHÜTZEN! Tagungspublikation 5. internationale Tagung
Auslagerungsorte
Bereits vor einem Notfall muss festgelegt sein, wohin (Teile von) Sammlungen ausgelagert werden können. Es sollten mehrere Optionen vorhanden sein, da manchmal eine Nutzung temporär nicht möglich ist. Die gewählten Orte können zur eigenen Einrichtung (anderer Teil des Gebäudes oder weiteres Gebäude) oder zu benachbarten Einrichtungen gehören. Sofern die Auslagerungsorte nicht zur eigenen Einrichtung gehören, sind Verträge mit den Besitzern für die Nutzung im Notfall abzuschließen. Die Auslagerungsorte sollten eine sichere Einlagerung ermöglichen, zugleich aber so nah wie möglich bei der Einrichtung liegen, um zeitraubende Wege zu vermeiden. Je nach Ereignis ist auf eine sichere Lage zu achten, z.B. Nutzung von höhergelegenen Geschossen bei Hochwasser, Beachtung von Brandabschnitten im Brandfall. In einigen Situationen kann es notwendig sein, die Sammlung zunächst in eine benachbarte Schule, Sporthalle, Kirche o.ä. zu verlagern, die nicht ausreichend gesichert und meist nicht klimatisiert sind. In diesen Fällen ist eine sofortige Bewachung sicherzustellen und es sind ggf. mobile Klimageräte vorzuhalten (vor der Notsituation planen!), außerdem ist eine schnellstmögliche Verlagerung in ein geeignetes Gebäude vorzunehmen.
Priorisierung
Im Ereignisfall sollten idealerweise alle Objekte geborgen werden. Da dies jedoch oftmals aus Zeitmangel nicht möglich ist, ist es empfehlenswert, die Reihenfolge der Bergung in einer Prioritätenliste festzuschreiben. Bei der Erstellung einer Prioritätenliste kann man sich an folgenden Kriterien orientieren: 1. kulturhistorischer Wert, 2. finanzieller Wert, 3. Besitz oder Leihgabe, 4. physischer Zustand (zu fragil für eine Bergung). Die Liste sollte raumweise erstellt werden (dabei Brandabschnitte berücksichtigen) und für jedes Objekt folgende Angaben enthalten: Inventarnummer, Objektbezeichnung, Standort im Raum, möglichst ein Foto, notwendige Gerätschaften/Materialien für die Bergung, evtl. Grundriss mit Bergungsroute (besonders für sehr große Objekte). Gleichzeitig sollten die priorisierten Objekte gekennzeichnet sein. Dabei sind Maßnahmen zum Diebstahlschutz zu ergreifen, z.B. ein Zusatz zur Inventarnummer, der nur für Eingeweihte zu erkennen ist. Eventuell sollten für verschiedene Notfälle gesonderte Listen erstellt werden, da Objekte unterschiedlich empfindlich auf Feuer, Wasser, Klimaveränderungen etc. reagieren.
Aus praktischen Gründen ist es ratsam, die Prioritätenliste(n) als lose Blattsammlung zu erstellen und die einzelnen Blätter zu laminieren. Sie sollte(n) nicht nur beim Notfallplan aufbewahrt werden, sondern an verschiedenen gesicherten Stellen zugänglich sein. Bei allen Veränderungen (Standorte der Objekte, Raumaufteilung, neue Verträge z.B. für Auslagerungsorte, neue Erkenntnisse über den Wert von Objekten, Neuzugänge, Leihgaben etc.) muss der Bergungsplan und seine Prioritätenliste aktualisiert werden; er sollte daher immer mit einem Datum versehen sein. Wie oft und durch wen die Aktualisierung vorgenommen wird, sollte im Notfallplan festgelegt werden.
Notfallmaterialien
Im Notfall ist es wichtig, Material für die Bergung und Erstversorgung vor Ort zu haben. Die Materialien sollten an verschiedenen, strategisch günstigen Orten in Form von Notfallboxen gelagert werden, um im Notfall rasch am benötigten Einsatzort verfügbar zu sein. Nachschub oder spezielle Ausrüstung kann auch in entfernter gelegenen Materiallagern untergebracht sein oder bei befreundeten Einrichtungen, z.B. als Notfallzug/-container eines Notfallverbunds.
Die Materialien sollten gemäß ihrer vorgesehenen Verwendung geordnet werden; handliche Notfallkoffer mit der Ausrüstung für je ein Team erleichtern den Einsatz. Für größere Gerätschaften eignen sich Werkzeugwagen. Die Erreichbarkeit aller Räumlichkeiten (Treppen, schmale Türen!) ist zu berücksichtigen. Siegel, Gurte oder feste Verschlüsse verhindern, dass Material im Alltag entnommen wird. Es sollte jedoch nicht weggeschlossen werden, damit es im Notfall für jeden Helfer sofort zugänglich und rasch erreichbar ist. Die Materialien sind regelmäßig auf Vollständigkeit zu überprüfen. Nicht haltbare Materialien (Klebeband, Batterien, Gummihandschuhe etc.) müssen rechtzeitig erneuert werden.
Für den Notfall werden insbesondere benötigt:
- Schutzausrüstung (Schutzkleidung, Helme, Atemschutzmasken, Handschuhe, Gummistiefel etc.)
- Verpackungsmaterial (Folien, Tücher, Kisten, Klebeband etc.)
- Werkzeug (Pinzetten, Pinsel, Skalpelle, Lupe, Hammer, Zangen, Schraubendreher/-schlüssel, Bolzenschneider, Bohrmaschine, Glassauger etc.)
- Büro-/Dokumentationsmaterial (Stifte, Papier, Klebeetiketten, Kamera, Diktiergerät, Dokumentationsformulare etc.)
- Transportmittel (Sackkarre, Wägen etc.)
- Technische Hilfsmittel (Taschenlampen, Scheinwerfer, Folienschweißgerät, Ventilatoren, Luftentfeuchter, Tauchpumpe, Nassstaubsauger, Absperrband etc.)
- Notfallkoffer für Anschläge mit chemischen Substanzen
Praktische Tipps und Listen finden sich auf der Website der Notfallverbünde in Deutschland:
Aktualisierung
Entscheidend für die Effektivität des Sicherheitsmanagements ist die ständige Prüfung und Aktualisierung aller Bestandteile. Alle Veränderungen (baulich, technisch, personell, strukturell, organisatorisch) können sich auf das Sicherheitskonzept auswirken. Somit ist jede relevante Maßnahme unverzüglich in die Konzeption einzuarbeiten. Hierbei sind stets alle Bestandteile, beginnend mit der Risikoanalyse bis zu den Einzelteilen des Notfallplans, zu berücksichtigen und gegebenenfalls anzupassen.
Die Notwendigkeit der Überprüfung und Anpassung ist gegenüber allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu kommunizieren, die über Veränderungen entscheiden oder diese umsetzen bzw. davon betroffen sind. Nur wenn alle beteiligten Personen und Einrichtungen informiert und auf dem aktuellen Stand sind, kann eine angemessene und schnelle Reaktion im Notfall erfolgen.
Dokumentation
Hilfreich für die Überprüfung der Wirksamkeit des Notfallplans ist die Dokumentation und Auswertung von Vorfällen und „Beinahe-Vorfällen“: Was ist passiert und warum? Wie wurde in den jeweiligen Fällen reagiert? Was hat gut funktioniert? Wo sind Fehler passiert? Wo haben sich Lücken im Notfallplan gezeigt? Anhand dieser Erkenntnisse kann der Notfallplan immer besser auf die entsprechende Einrichtung abgestimmt werden.
Kommunikation
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen über die sie betreffenden Planungen informiert werden. Die Mitteilung ist zu dokumentieren. In einem regelmäßigen Turnus (einmal jährlich bzw. bei Änderungen sofort) sollte über den aktuellen Stand des Notfallplans informiert werden. Im Notfallplan muss festgelegt sein, wie oft und durch wen wer informiert wird.
Zu beachten ist, dass sensible Daten eventuell nicht an alle Personen weitergegeben werden dürfen. Für verschiedene Personengruppen ist möglicherweise eine unterschiedliche Informationstiefe festzulegen. Die einzelnen Beteiligten benötigen die Informationen, die ihrer Funktion im Notfallteam entspricht (z.B. Mitarbeiter/innen des Sammlungsteams: Angaben zur Bergung). Alle Personen, die in den Telefonlisten verzeichnet sind, benötigen eine eigene Kopie, damit sie ggf. umgehend (von zu Hause oder unterwegs) weitere Helfer/innen benachrichtigen können. Es ist wichtig, die Planungen nicht nur verfügbar zu machen, sondern auch im Bewusstsein der Mitarbeiter/innen zu verankern – hierfür sind regelmäßige Übungen unabdingbar.
Übungen
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das regelmäßige Durchführen von Übungen und Schulungen mit den im Notfall Verantwortlichen sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und gegebenenfalls auch mit Externen (z.B. Feuerwehr). Dadurch wird das Personal mit den im Notfall durchzuführenden Maßnahmen, wie im Notfallplan festgelegt, vertraut gemacht, Abläufe werden erprobt und eingeübt. Themen sind häufig Bergung von Kulturgütern, Erstversorgung und Dokumentation, aber auch Verpackung, Handling, Verwendung von Feuerlöschern und Kommunikation. Übungen können auch gemeinsam mit benachbarten Einrichtungen, beispielsweise im Rahmen von Notfallverbünden, organisiert werden. Im Anschluss an die Übungen sind diese gemeinsam auszuwerten, um die Erfahrungen und Ergebnisse in die weitere Notfallplanung einfließen zu lassen.
Beispiele zu durchgeführten Übungen finden sich auf der Website der Notfallverbünde unter Übungen.
Zusammenarbeit
Hilfreich – insbesondere für kleinere Einrichtungen – ist die Kooperation mit anderen Kultureinrichtungen der Stadt oder Region. Dies kann in sogenannten Notfallverbünden geschehen, die eine gegenseitige Hilfe und Beratung vereinbart und meist vertraglich geregelt haben. Diese Zusammenschlüsse haben viele Vorteile, z.B. das Teilen und Tauschen von Material und Personal oder praktische und logistische Unterstützung im Notfall. So müssen beispielsweise nicht alle Einrichtungen alle Notfallmaterialien vorrätig haben, in einem Notfall kommt im Umgang mit Kulturgut geschultes Personal als Helfer zum Einsatz oder Räume in einer anderen Einrichtung können bei einer notwendigen Bergung genutzt werden. Außerdem findet ein kontinuierlicher Erfahrungs- und Wissensaustausch statt.
Leihverkehr
Der Leihverkehr bedeutet eine zusätzliche Belastung für die betroffenen Objekte. Daher müssen alle diesbezügliche Risiken (z.B. Klima, Diebstahl, Erschütterungen) vorab überprüft werden und in die Entscheidung für eine Leihzusage sowie in die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Transport und Präsentation einfließen.
Zur Beurteilung und Planung des Vorhabens sollte ein standardisierter Facilities Report Anwendung finden, welcher Daten zur Einrichtung, zum Gebäude und den Ausstellungsflächen, zum Brand- und Diebstahlschutz, zu Beleuchtung, Klima und Schädlingsprävention, zu Transport- und Lagerbedingungen sowie zur Notfallplanung erfragt.
Facilities Report des Arbeitskreises Ausstellungsplanung im Deutschen Museumsbund
Inventarisierung
Die vollständige Inventarisierung aller Objekte ist Grundvoraussetzung für eine systematische Notfallplanung, für Sicherung und Bergung im Notfall sowie für Fahndung, Identifizierung oder Schadensbehebung nach einem Vorfall.
Neben den grundlegenden Daten (Inventarnummer, Foto, Beschreibung, Künstler/Hersteller, Titel, Jahreszahl) sind relevante Angaben im Inventar die Standortbenennung (Gebäude, Raum, Position), Materialangaben und Zustandsbeschreibung sowie Abmessung, Gewicht und Transportangaben.
Die Sicherung der Daten sollte räumlich getrennt (anderes Gebäude) vom Original untergebracht sein bzw. es müssen Kopien der Kataloge außerhalb der Einrichtung deponiert werden. Für die Standorte, an denen die Dokumentationsunterlagen aufbewahrt werden, sollte eine Risikoanalyse analog zu den Depot-/Ausstellungsräumen erstellt und entsprechende Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. Hierbei sind alle relevanten Risiken (z.B. Brand, Flut, Diebstahl) zu berücksichtigen.
Die Dokumentationsunterlagen können zwar kein Original ersetzen, sind jedoch im Fall von Verlust oder Beschädigung wertvolle Informationsquellen und helfen bei der Suche, Bergung, Instandsetzung oder Wiederbeschaffung/Rekonstruktion.
Alke Dohrmann und Almut Siegel