4 Diebstahl
Diebstahl gehört zu den häufigsten Schadensereignissen in Museen, Bibliotheken und Archiven. Diebstähle geschehen häufig im Zusammenhang mit einem Einbruch, aber auch durch Wegnahme während der Öffnungszeiten. Ist dabei Gewalt gegen Menschen oder Androhung derselben im Spiel, spricht man von Raub. Nicht nur Fremde können Diebstähle begehen, sondern auch Mitarbeiter/innen, Dienstleister und/oder Fachbesucher/innen.
Der Diebstahl von Sammlungsgut ist nicht vollständig zu verhindern, da die Sammlungsbestände den Besucherinnen und Besuchern möglichst nah und offen präsentiert werden sollen. Solche Straftaten werden jedoch erschwert und behindert durch das Zusammenwirken von baulich-mechanischen, elektronischen und personell-organisatorischen Maßnahmen. Damit soll die Vollendung von Diebstählen verhindert werden und die Täter erkannt und möglichst ergriffen werden.
Die gegen Diebstähle gerichteten Maßnahmen sind immer auf die konkrete Sammlung auszurichten. In Abhängigkeit von der Lage des Gebäudes, seiner inneren Raumstruktur, den aufbewahrten Werten sowie den technischen und personellen Möglichkeiten sind in einem Sicherungskonzept nach einer Risikoabschätzung und -bewertung geeignete Maßnahmen vorzuschlagen und mit dem Gebäudeeigner/Nutzer zu bestätigen. Ein in sich schlüssiges Sicherungskonzept berücksichtigt auch die Verhältnismäßigkeit der einzuleitenden Maßnahmen durch Einbeziehung ggf. vorhandener oder möglichst einfach umsetzbarer Sicherungsempfehlungen.
Zugänglichkeit versus Einbruchschutz
Viele Museen, Bibliotheken und Archive bewahren wertvolle und unwiederbringliche Sammlungen. Maßnahmen zum Schutz der Bestände und zur Sicherung vor Einbruch, Diebstahl und Beschädigung stellen angesichts immer wieder vorkommender spektakulärer Kunstdiebstähle eine wichtige Aufgabe für Betreiber dar.
Museen, Bibliotheken und Archive weisen im Unterschied zu anderen sicherungswürdigen Gebäuden bzw. Institutionen wesentliche Besonderheiten in der Risikolage auf:
- Es sind überwiegend öffentlich zugängliche Gebäude im weitgehend öffentlichen Umfeld. Es gibt oftmals keine Umzäunungen, Mauern und andere Hindernisse, die das Umfeld des Gebäudes vom öffentlich begehbaren Raum abgrenzen und den direkten Zugang zum Gebäude außerhalb von Öffnungszeiten verwehren.
- Potenziellen Tätern ist es während der Öffnungszeiten möglich, ihren Besuch zur genauen „Erkundung“ der Art und Weise der Präsentationsform, der Sicherungsmaßnahmen zum Schutz vor Entwendung, Zugriff und Beschädigung sowie möglicher Fluchtwege nach Tatausführung zu nutzen.
- Im Unterschied z.B. zu Banken werden wertvollste Exponate teilweise frei zugänglich präsentiert, was den schnellen Zugriff oder Beschädigungen erleichtert.
- Sogenannte Einschlusstäter (unberechtigtes Verbleiben im Gebäude nach Schließzeit mit dem Ziel der Begehung einer Straftat) stellen ein erhebliches Risiko dar, da im ungünstigsten Fall erst eine sehr späte Alarmierung erfolgt und für den/die Täter unter Umständen ein rasches Verlassen des Gebäudes über die „offiziellen“ Flucht- und Rettungswege möglich ist.
Der Schutz von Sammlungen muss daher sowohl den Schutz vor Einbruchdiebstahl durch gewaltsames Eindringen in Ausstellungs- und Depotbereiche umfassen als auch den Schutz vor Diebstahl und Beschädigung während der Öffnungszeiten.
Es ist davon auszugehen, dass die überwiegende Zahl der Diebstähle (bzw. Beschädigungen) während der Öffnungszeiten erfolgt. Dazu werden in erster Linie Zeiten mit wenigen Besuchern und Räume ohne Aufsichtspersonal genutzt.
Bei Einbrüchen mit nachfolgendem Diebstahl sind in geglückten Fällen die Schäden wesentlich gravierender. Nach kriminalpolizeilicher Statistik werden über 95 % aller Einbrüche durch Türen und leicht erreichbare Fenster begangen.
Die Risiken für unterschiedliche Sammlungen müssen differenziert betrachtet werden. Exponate aus kostbaren Materialien, deren augenscheinlicher Marktwert hoch ist (Gold, Juwelen, wertvolle Mineralien etc.) sind stärker gefährdet als z.B. paläontologische oder zoologische Bestände oder schwer verkäufliche Unikate.
Dieser „materielle“ Wert darf jedoch nicht zur alleinigen Grundlage für den Sicherungsumfang herangezogen werden – ein verloren gegangenes oder unwiederbringlich beschädigtes Typusexemplar der Zoologie ist von immensem wissenschaftlichen und ideellen Wert und daher in gleicher Weise zu schützen.
Es ist außerdem zu bedenken, dass auch vermeintlich weniger „wertvolles“ Sammlungsgut interessantes Ziel für Gelegenheitstäter, Sammler oder Souvenirjäger sein kann, beispielsweise kleinteilige Sammlungen aus Münzen, Scherben o.ä.
Zu einem optimal funktionierenden Sicherungssystem in Gebäuden gehören
1. baulich-mechanische,
2. elektronische/anlagentechnische und
3. personell-organisatorische Maßnahmen.
Diese weiter unten näher erläuterten Maßnahmen ergänzen sich und sind so aufeinander abzustimmen, dass erkannte Risiken auf ein allseits vertretbares Maß reduziert, Personen geschützt und Sachwerte vor Verlust und Schädigung bewahrt werden.
Diebstahlschutz versus Personenschutz
In Gebäuden mit hohen Anforderungen an den Sachschutz kollidiert oftmals die Notwendigkeit, Bereiche sicher zu verschließen, mit den aus Gründen des Personenschutzes erforderlichen, frei zu haltenden Erschließungswegen, Flucht- und Rettungswegen und Zu- bzw. Ausgängen.
Der Planung von Gefahrenmeldeanlagen muss daher stets eine Risikoanalyse und -bewertung sowie ein darauf aufbauendes Sicherungskonzept vorausgehen, in welchem auch baulich-mechanische Maßnahmen (Türen, Fenster, Sicherheitsbereichsgrenzen, Brandabschnitte) sowie die Notwendigkeiten der Erschließung des Gebäudes für Personal, Besucher, Nutzer und Reinigungs- bzw. Servicekräfte berücksichtigt werden.
Zu beachten sind aktuelle EN- und DIN-VDE-Normen (EN = Europanorm; DIN = Deutsches Institut für Normung; VDE = Verband der Elektrotechnik) sowie die Richtlinien des Verbandes der Sachversicherer (VdS) zur mechanischen Stabilität von Fenstern und Türen sowie elektronischen Sicherungsmaßnahmen (EMA = Einbruchmeldeanlage). Die Einbruchhemmung von Bauelementen wie Türen und Fenster ist gemäß DIN EN 1627 in Widerstandsklassen (Resistance Class) RC1-6 definiert und in Bezug zu normiertem Täter-Werkzeugsatz und Tätervorgehen definiert. Dabei ist für Bauteile mit Glaseinbau für jede Widerstandsklasse der Bezug zu der entsprechend zu verwendenden Glasqualität nach DIN EN 356 festgelegt. Ebenfalls zu beachten sind die DIN 18252 für Schließzylinder, DIN 18257 für Schutzbeschläge und DIN 18251 für Schlösser. Die Einbruchhemmung der Bauteile (Fenster, Türen etc.) wird nur dann erreicht, wenn auch die Vorgaben zu Montage und Einbau korrekt befolgt werden.
Die Grundlage für Planung, Einbau, Betrieb und Instandhaltung von Einbruchmeldeanlagen (EMA) bilden die Richtlinien des Verbands der Schadensversicherer (VdS-RL) 2311 einschließlich aller damit im Zusammenhang stehender VdS-Richtlinien, die seit 2009 neu herausgegebene VdS-Richtlinie 3511 „Sicherungsrichtlinien für Museen und Ausstellungshäuser“ sowie die DIN–VDE 0833 Teile 1 und 3 „Gefahrenmeldeanlagen für Brand, Einbruch und Überfall“.
Bei Einbruchmeldeanlagen mit direkter Aufschaltung auf den Polizeinotruf gemäß Richtlinie für Überfall- und Einbruchmeldeanlagen (ÜEA-RL) mit Anschluss an die Polizei ist die Installation nach der oben genannten Richtlinie in Klasse C Voraussetzung (höchste Sicherungsklasse nach VdS 2311, siehe unten: Einbruch- und Überfallmeldeanlagen).
Die genannten Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung sind zur Gewährleistung der Zwangsläufigkeit und der Verhinderung von Falschalarmen zwingend einzuhalten. Gegebenenfalls erforderliche Abweichungen sind in jedem Fall vor der Installation mit der zuständigen Polizeidienststelle (meist Landeskriminalamt, Abteilung Prävention) abzustimmen.
Baulich-mechanische Maßnahmen haben wesentlichen Einfluss auf die Verhinderung bzw. Verzögerung eines Angriffs auf schutzwürdige Bereiche oder Objekte, während elektronische Überwachungsanlagen einen Angriff „nur“ signalisieren. Die Sicherstellung eines hohen mechanischen Widerstandszeitwertes der Gebäudehülle (der bei einem Einbruch oder Diebstahl bis zum Erlangen der „Beute“ zu überwindenden Elemente bzw. einzelner Räume, Vitrinen etc.) bildet daher die Grundvoraussetzung aller darauf aufbauenden elektronischen Maßnahmen.
Ein optimales Schutzkonzept gegen Einbruch und Diebstahl setzt daher voraus, dass ein Angriff so frühzeitig wie möglich detektiert und nachfolgend eine schnelle Tatausführung durch entsprechend hohe mechanische Barrieren bzw. längere Wege bis zu schutzwürdigen Bereichen/Objekten verhindert wird. Die durch die baulich-konstruktive Festigkeit aller zwischen einem Täter und dem Ziel des Einbruchs/Diebstahls befindlichen Elemente (Wände, Fenster, Türen, Schlösser, Vitrine etc.) realisierte Zeit wird als Widerstandszeit bezeichnet. Die zwischen einem Einbruchsangriff und der Alarmauslösung liegende Zeit wird als Detektionszeit bezeichnet. Die zwischen Alarmierung und dem Eintreffen von Hilfeleistenden (Polizei, Wachschutz o.a.) vergehende Zeit wird als Interventionszeit bezeichnet. Die Summe der Detektionszeit und Interventionszeit muss kleiner sein als die Widerstandszeit, um die Vollendung der Straftat zu verhindern und den Täter durch alarmierte Kräfte (Polizei, Wachunternehmen) zu ergreifen.
Baulich-mechanische Maßnahmen
Unter diesem Begriff werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die eindringenden Tätern oder im Haus befindlichen Besuchern den direkten, schnellen Zugriff auf Sammlungsstücke erschweren oder weitgehend unmöglich machen sollen. Dazu gehören Wände, Dächer, Türen, Fenster, Vitrinen, Schlösser, Beschläge, Schließzylinder, Gitter etc.
Zäune, Einfriedungen und deren Tore/Pforten
Eine erste mechanische Barriere stellt die Umfriedung eines Grundstücks dar. Neben der psychologischen Wirkung („hier beginnt fremdes Eigentum, Überwindung dieser Grenze ist strafbar, zumindest Hausfriedensbruch“) kann schon diese Barriere mechanisch so stabil gestaltet werden, dass deren Überwindung den Eindringling Zeit kostet. Mit geeigneten Überwachungsmaßnahmen kann bereits der Versuch der Überwindung detektiert werden.
Mit der Höhe und der Stabilität der Umfriedung wachsen die psychologische Barriere und die Überwindungszeit. Von geeigneter Höhe kann ab 2,50 m aufwärts ausgegangen werden. Damit sind – zumindest bei glattem Mauerwerk oder engmaschigem Zaun – Hilfsmittel zum Überwinden erforderlich. Stabile Zäune müssen aus mindestens 6 mm starkem Metallgitter bestehen, die Pfosten sind in Beton ausreichend tief zu gründen und ein Unterkriechschutz ist vorzusehen (Betonsockel o.ä.).
In Verbindung mit auf der Mauer- oder Zaunkrone angebrachten sog. Abweisern wird dem potenziellen Täter die Überwindung weiter erschwert.
Bei Baum- und Strauchbewuchs direkt an Umfriedungen ist zu beachten, ob diese als Kletterhilfen genutzt werden können.
Letztlich ist jeder Zaun, jede Mauer überwindbar. Für die Verlängerung des Widerstandszeitwertes sind derartige Umfriedungen jedoch dann von besonderer Bedeutung, wenn sie mit elektronischen Meldern gekoppelt werden (siehe unten: Elektronische Sicherungsmaßnahmen). Diese Maßnahmen müssen vor allem auch dann in Betracht gezogen werden, wenn die Umfriedungen nicht den Anforderungen an Höhe und Stabilität entsprechen bzw. aus denkmalpflegerischen Gründen nicht angepasst werden können. Angriffe auf Umfriedungen und Eindringen in nichtöffentliche Außenbereiche können mittels Videoüberwachung schnell und mit bildgebenden Verfahren zur sofortigen Situationsbeurteilung durch Wachpersonal detektiert und erkannt werden (siehe unten: Videoüberwachung).
Gebäudehülle
Außenwände und Dach des zu schützenden Gebäudes werden als Gebäudehülle bezeichnet, darin befindliche Öffnungen (Türen, Fenster etc.) werden in einem weiteren Abschnitt separat behandelt.
Die Risikobeurteilung der Gebäudehülle erfolgt unter folgenden Gesichtspunkten:
- Steht das Gebäude allein oder grenzt es an Nachbargebäude?
- Sind in den Trennwänden zu Nachbargebäuden Öffnungen vorhanden?
- Ist der Weg über das Dach von einem Gebäude zum anderen möglich?
- Besteht die bauliche Hülle aus widerstandsfähigem Baustoff (Beton oder Mauerwerk in entsprechender Stärke) oder leicht durchdringbarem Material (Fachwerk mit Lehm-/ Strohausfachungen, Holz)?
- Wie hoch ist das Gebäude? Gibt es Kletterhilfen wie Blitzableiter, Nottreppen oder Rankpflanzen, wie z.B. Efeu- oder Weinbewuchs?
Entscheidend für die Schutzwirkung der Gebäudehülle ist die Festigkeit und Dicke des Wandaufbaus sowie die dafür verwendeten Materialien (Ziegelsteine, Beton o.a.).
Da ein bestehendes Gebäude in seiner Lage, äußeren Form und Gestaltung nicht oder nur schwer an Sicherungserfordernisse angepasst werden kann, stellt die Kenntnis der Beschaffenheit der Gebäudehülle sowie der sich daraus ergebenden Risiken und deren Beurteilung nur die Grundlage für umzusetzende elektronische Sicherungsmaßnahmen dar. Sind vereinzelt bauliche Verbesserungen möglich (z.B. das Vermauern von Durchbrüchen zu Nachbarhäusern), sind diese bevorzugt umzusetzen.
Türen und Fenster
Die Öffnungen in der Gebäudehülle sind die Schwachstellen eines Gebäudes. Zu mehr als 70 % werden leicht erreichbare Fenster von Einbruchtätern genutzt, um in ein Gebäude einzudringen.
Zu bewerten sind zunächst die Lage der Fenster und Türen sowie deren Einsehbarkeit (an stark frequentierter Straße oder an der Gebäuderückseite, auf Höfen und zu Nachbargebäuden, beleuchtete Fassade etc.).
Als weiteres Kriterium ist die Erreichbarkeit der Fenster nach ihrer Höhe über dem umgebenden Gelände zu beurteilen. Bis zu einer Höhe von 6 m über Gelände wird nach den Einschätzungen der Kriminalpolizei vom sogenannten „Handbereich“ ausgegangen. Weiterhin spielen hier zusätzliche Risiken wie Kletterhilfen an der Fassade, begehbare Simse unterhalb der Fensterbrüstungen, Übersteigmöglichkeiten von Nachbargebäuden, Balkone etc. eine Rolle, wodurch sich der „Handbereich“ auch nach oben ausweiten kann.
Vergitterungen tragen vor allem aus Gründen der Abschreckung zur Risikominimierung bei, da sich Einbruchtäter zunächst auf Fenster ohne Vergitterung konzentrieren. Bezüglich des Widerstandszeitwertes können außen, vor der Überwachungsebene (EMA-Melder) liegende Gitter oder auch Rollläden nicht berücksichtigt werden, da sie mit modernem Werkzeug in relativ kurzer Zeit entfernt bzw. geöffnet werden können. Gitter mit integrierten Einbruchmeldern, die einen Angriff über die Einbruchmeldeanlage anzeigen, können demgegenüber den Widerstandszeitwert erheblich verlängern.
Die mechanische Stabilität der Türen und Fenster (Holz oder Kunststoff, Einfach-, Doppel-, Kastenfenster, Bänder und Verriegelung, Glasqualität etc.) ist ein besonders wichtiger Faktor zur Erschwerung bzw. Verhinderung von Einbruchdiebstählen.
Grundsätzlich muss zur Beurteilung dieser Stabilität das gesamte Fenster- bzw. Türelement herangezogen werden. Dazu gehören die Rohdichte der verwendeten Materialien, der umlaufende Rahmen und dessen stabile Verankerung im Mauerwerk, das Fenster- und Türblatt selbst (einschließlich eventueller Glasausschnitte), Lage und Stabilität der verwendeten Bänder und Verriegelungen sowie Verschlussmöglichkeiten einschließlich Schließzylinder (siehe unten: Schließanlage). Einbruchhemmende Fenster und Türen sind in unterschiedlichen, genormten Widerstandsklassen nach VdS, EN und DIN erhältlich. Die Montagevorgaben zum Erreichen des Einbruchwiderstandes müssen unbedingt beachtet werden.
Mechanische Sicherung von Einzelexponaten
Die in Ausstellungen präsentierten Sammlungsstücke erfordern eine dem Exponat und der Art der Präsentation angemessene Befestigung. Ob freistehend, auf einem Sockel, Podest, an der Wand, aber auch innerhalb von Vitrinen – die Befestigung sollte stets so ausgeführt werden, dass eine schnelle Wegnahme verhindert oder zumindest erschwert wird. Dazu sind Befestigungsmittel (z.B. Schrauben) nutzbar, die schwer oder nur mit Spezialwerkzeug gelöst werden können.
In vielen Fällen ist es möglich, Exponate außerhalb der Reichweite von Besuchern zu präsentieren oder mittels (auch nur optischer) Barrieren einen solchen Abstand herzustellen. Vitrinen mit entsprechend hohem mechanischen Widerstand bieten den besten Schutz gegen Diebstahl im Tagbetrieb sowie gegen rasche Tatausführung im Verlauf eines Einbruchs. Vitrinen sind besonders für kleinteilige Exponate und/oder Exponate mit hohem Materialwert erforderlich.
Schließanlage
Zur Regelung der Zutrittsberechtigung in die verschiedenen Museumsbereiche (Ausstellung, Depot, Restaurierungswerkstatt, Büro etc.) und zur Gewährleistung des sicheren Verschlusses aller Türen (und Fenster) ist in größeren Häusern in der Regel eine Generalschließanlage erforderlich.
Entsprechend der erteilten Zutrittsberechtigungen sind die erforderlichen Schlüssel (Einzel-, Gruppen-, Obergruppenschlüssel) zu verteilen, die Ausgabe von Schlüsseln ist zu dokumentieren und klar festzulegen, dass jeder Schlüsselverlust sofort anzuzeigen ist. Der Generalschlüssel ist möglichst nicht auszugeben und nur für Notfälle in einem Schlüsseltresor aufzubewahren (z.B. Feuerwehr-Schlüsselkasten). An Fremdpersonal, z.B. externe Reinigungskräfte, sollten keine Schlüssel ausgehändigt werden, durch die sie in die Möglichkeit versetzt werden, unkontrolliert sicherheitsrelevante Bereiche zu betreten.
Zur Qualität der Zylinder und Türbeschläge sind ebenfalls VdS-Richtlinien zurate zu ziehen (z.B. VdS-RL 2201 – Zylinderschlösser, VdS-RL 2156 – Schließzylinder, VdS-RL 2113 – Türschilder) bzw. die entsprechenden DIN-Normen 18251–18257. Darin werden qualitative Anforderungen an die entsprechenden Produkte hinsichtlich Überwindbarkeit, Nachschließschutz (erhöhte Sicherheit gegen das Austasten der Schließbolzen im Schloss) und Aufbohrschutz etc. formuliert, die bei der Ausstattung von Türen mit festgelegten Widerstandsklassen Berücksichtigung finden müssen.
Elektronische/anlagentechnische Sicherungsmaßnahmen
Zu den elektronischen Sicherungsmaßnahmen gehören alle technischen Systeme, die dazu dienen, einen Einbruch in das Gebäude oder die Wegnahme von präsentiertem Sammlungsgut zu melden, ausschließlich Berechtigten Zutritt in zu schützende Bereiche zu gewähren, diese Bereiche oder deren Vorfeld visuell zu überwachen und eine hilfeleistende Stelle unverzüglich zu informieren. Sie können Diebstähle nicht direkt verhindern, spielen aber im Rahmen der Erhöhung des Widerstandszeitwertes eine entscheidende Rolle, da ein Angriff auf Gebäude, gesicherte Bereiche oder Exponate in den Ausstellungen frühzeitig gemeldet wird
Installierte elektronische Systeme können ihre Aufgabe nur dann effektiv erfüllen, wenn alle Komponenten eines Sicherungssystems als Einheit betrachtet und geplant werden (siehe oben: Schutzkonzept).
Einbruch- und Überfallmeldeanlagen
In jedem Museum ist eine solche Anlage – egal, in welcher Dimension und Ausbaustufe – einer der Grundbausteine für ein Sicherungssystem. Sie besteht aus Einbruch-/Überfallmeldezentrale, Alarmierungseinrichtung, Scharfschalteinrichtungen und angeschlossenen Meldern, verbunden mit der Zentrale durch ein Kabelnetz oder per Funk.
Der Verband der Sachversicherer kategorisiert Einbruchmeldeanlagen (EMA) nach deren Überwindbarkeit in die drei VdS-Klassen A, B und C. Diesen VdS-Klassen sind die jeweils geprüften Einbruchmeldeanlagen und Melder zugeordnet.
Museen, Archive und Bibliotheken – zumindest die Ausstellungs- und Depoträume oder andere Bereiche mit wertvollem Sammlungsgut – sind aufgrund ihres Schadensrisikos überwiegend so eingeordnet, dass die Installation einer EMA nach VdS-Klasse C erforderlich ist.
Im Unterschied zu geringeren VdS-Klassen weisen die EMA der VdS-Klasse C einen erhöhten Schutz gegen Überwindungsversuche und eine weitgehende Überwachung der sicherheitsrelevanten Funktionen auf. Die Scharf-/Unscharfschaltung dieser Anlage muss neben einem materiellen Informationsträger (Schlüssel, Chip) zusätzlich mittels eines geistigen Informationsträgers (PIN, Code) erfolgen.
EMA in Museen, Archiven und Bibliotheken sollten stets von einem VdS-zertifizierten Sicherheitserrichter installiert werden. Dieser ist verpflichtet, die Bestimmungen der VdS-Richtlinien umzusetzen und in einem vorgeschriebenen VdS-Attest zu dokumentieren.
Durch EMA lassen sich ebenso Personenschutzaufgaben umsetzen, wenn z.B. Überfallmelder angeschlossen werden (z.B. Handtaster, deren Auslösung unmittelbar zur Polizei als Überfallalarm weitergeleitet wird). EMA und Überfallmeldeanlagen (ÜMA) können entweder kombiniert oder als eigenständige Anlagen ausgeführt werden.
EMA-Melder, die Angriffe auf ein Sammlungsgebäude so früh wie möglich detektieren und weitermelden sollen, lassen sich unterscheiden in:
- Melder zum Perimeterschutz (Detektion von Annäherungen an ein Gebäude, z.B. Lichtschranken)
- Außenhautschutz (Einbruchmeldung bei Angriffen auf die Gebäudehülle, z.B. Öffnungs- und Verschlussüberwachung als Magnet- und Riegelkontakte, Durchbruchüberwachung als Glasbruch- oder Körperschallmelder)
- Innenschutz (Bewegungsdetektion im Gebäude mittels z.B. Bewegungsmeldern)
- Objektschutz (Einzelobjektsicherung, z.B. Bildersicherungssysteme)
Die einzelnen Melder aufzuzählen oder Funktionsprinzipien zu erläutern, würde an dieser Stelle zu weit führen. Sie sind in den VdS-Richtlinien 3511 und 2311 ausführlich beschrieben.
Mittels EMA lassen sich auch unterschiedliche Sicherungsaufgaben bei geöffnetem oder geschlossenem Gebäude erfüllen. Während nachts z.B. alle Bereiche bzw. Melder scharfgeschaltet sind, werden tagsüber nur die Bereiche unscharf geschaltet, in denen sich Besucher und Mitarbeiter aufhalten. Nicht ständig begangene Depots können ständig scharfgeschaltet bleiben und nur durch berechtigtes Personal unscharf geschaltet werden. Auch die Fenstersicherung oder Einzelexponatüberwachungen können ständig scharfgeschaltet bleiben und nur zu Reinigungszwecken oder zum Wechsel der Exponate unscharf geschaltet werden.
Zur Lösung des erwähnten Zielkonflikts zwischen der Pflicht zur Freihaltung der Rettungswege und gesicherten, verschlossenen Türen werden in Museen, Archiven und Bibliotheken zunehmend Rettungswegsicherungssysteme (RWS) eingesetzt, die Türen im Verlauf von Rettungswegen elektrisch verriegeln. Diese Anlagen müssen bauaufsichtlich zugelassen sein und eine verriegelte Tür im Notfall freigeben.
Diese Systeme können sowohl mit der Einbruchmeldetechnik verknüpft werden, um die Freigabe der Verriegelung zu melden, als auch mit der Brandmeldezentrale, um im Brand- oder Notfall die Verriegelung aufzuheben.
Auch Zutrittskontrollanlagen (siehe unten) können in die Einbruchmeldeanlage eingebunden werden, um z.B. bei unscharfem Bereich nur autorisiertem Personal den Zutritt zu gewähren, ebenso Videokameras zur Verifizierung der Zutrittsberechtigung.
Meldet ein Einbruchmelder einen Angriff, wird über die Einbruchmeldezentrale (EMZ) Alarm ausgelöst. Dieser kann intern (nur an eigenes Aufsichts- oder Wachpersonal), extern (mittels optischer und akustischer Signalisierung an die anonyme Öffentlichkeit, z.B. Anwohner, Passanten) oder als Fernalarm (über Daten-/Telefonleitung an Polizei oder Zentrale eines Wachunternehmens) erfolgen. Bei EMA der Klassen B und C ist nach VdS-Richtlinie 2311 ein Fernalarm vorgeschrieben.
Zutrittskontrollanlagen (ZKA)
Mit dem Einsatz von Zutrittskontrollanlagen wird erreicht, dass bestimmte Bereiche oder Räume (z.B. Depots, Sicherheitszentrale) nur von autorisiertem Personal betreten werden. Hierfür sind an den Zugangstüren Zutrittskontrollleser erforderlich, die die Zugangsberechtigung anhand mechanischer, elektronischer oder auch biometrischer Daten erkennen und freigeben bzw. verhindern.
Mit einer Zutrittskontrollanlage ist es auch möglich zu registrieren, wann welcher Raum von wem betreten und verlassen wurde, sofern die Datenträger einer konkreten Person zugeordnet werden.
Videoüberwachung
Der Einsatz von Videotechnik in Sammlungseinrichtungen gewinnt zunehmend an Bedeutung, allerdings nur zur Unterstützung und nicht als Ersatz für Aufsichts- bzw. Wachpersonal. Sichtbar installierte Videokameras tragen zur Erhöhung der Täterhemmschwelle bei. Per Kamera lassen sich Erkenntnisse zur Situation in Schwerpunktbereichen und bei Alarmauslösungen gewinnen, die Bilder können aufgezeichnet werden und damit auch zur nachträglichen Bewertung eines Vorkommnisses und bei anspruchsvoller Technik auch zur Identifizierung von Tätern herangezogen werden.
Grundsätzlich sind datenschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten und das Vorhandensein einer Videokontrollanlage durch ein Bildzeichen oder Ähnliches anzuzeigen.
Wichtige Einsatzgebiete in Museen, Archiven und Bibliotheken sind:
- Kontrolle und Videoaufzeichnung des Besucherverkehrs mit dem Ziel der „Erweiterung“ des Aufsichtsbereichs des Personals und der Nachvollziehbarkeit von erst nach einiger Zeit festgestellten strafbaren Handlungen
- Identifizierung von „verdächtigen“ Besuchern und Bewertung von Tathergängen nach festgestellter Straftat durch die Übergabe des gespeicherten Materials an die Polizei
- Kontrolle der Rettungswege
- Alarmvorprüfung: Bei einem Einbruchalarm bzw. einem Alarm aus der Videotechnik selbst (Videobildanalyse) ist es dem Wachpersonal zunächst ohne direkte personelle Intervention möglich, die Situation in der Umgebung des ausgelösten Alarms visuell zu prüfen und somit bei Falschauslösung auf personellen Einsatz zu verzichten oder aber bei Notwendigkeit unverzüglich die Polizei zu informieren.
- Perimeterüberwachung (siehe oben: EMA-Melder) im Außengelände durch Einsatz von Videobildanalyse (Bildänderungen durch Bewegungen werden erkannt, bewertet und bei Überschreitung vorgegebener Parameter, z.B. „größer als Katze“, mit Bildaufschaltung weitergemeldet).
Eine der Videokontrollanlage angemessene Außenbeleuchtung trägt zudem zur Erhöhung der Hemmschwelle für Einbruchtäter bei.
Personell-organisatorische Maßnahmen
Die Direktion trägt die Verantwortung dafür, dass Risiken für Sammlungsgut angemessen erfasst, bewertet und die nach dem Sicherungskonzept festgelegten Maßnahmen umgesetzt werden.
Für ein Gesamtkonzept „Sicherheit für Sammlungsgut“ sind personell-organisatorische Maßnahmen unabdingbar. Neben dem richtigen und adäquaten Einsatz baulich-mechanischer Sicherungen sowie elektronischer Überwachungsmaßnahmen müssen personell-organisatorische Maßnahmen für das Eingreifen bei und Verhindern von Diebstahl und Einbruch festgelegt werden. Deren Wirksamkeit muss kontinuierlich überprüft werden.
Im Rahmen dieser Verantwortung sind festzulegen:
- Bestellung eines Sicherheitsverantwortlichen für alle Sicherungsmaßnahmen, deren Koordination und stetiger Prüfung der Wirksamkeit sowie zur Erarbeitung von Vorschlägen für Verbesserungen
- Einweisungen für das Personal zu besonderen Gefahrensituationen und Vorgeben von Handlungsanweisungen
- Notfall- und Evakuierungspläne (Beispiele in der VdS-RL 3434 „Leitfaden für die Erstellung von Evakuierungs- und Rettungsplänen für Kunst- und Kulturgut“)
- Zutrittsberechtigungen anhand der internen Struktur und deren Kontrolle zur Minimierung von Diebstählen durch „Innentäter“; Festlegung der Sicherungs- („Scharfschalt“-)bereiche
- Anweisungen über die Handhabung der mechanischen und elektronischen Sicherungseinrichtungen
- Anzahl und Verteilung von Aufsichts- und Wachpersonal und Vorhalten einer ständig besetzten Stelle im eigenen Haus oder Weiterleitung von Alarmen an eine externe, ständig besetzte Stelle zur Einleitung abwehrender Maßnahmen; regelmäßige Schulung dieses Personals
- Organisation der Kontrolle der Ausstellungs-/Öffentlichkeitsbereiche nach Schließung auf ggf. noch anwesende Fremdpersonen
- Festlegung zum Umgang mit Fremdpersonal und deren Kontrolle (Reinigung, Wartung technischer Anlagen etc.)
- Vorgaben zur Nutzung von Sammlungsgut, sofern für z.B. wissenschaftliche Bearbeitung zugänglich (nur unter Aufsicht, Abgabe von Garderobe und Taschen, Kennzeichnung mit elektronischem Buchsicherungsstreifen, keine Schreibgeräte mit Tinte etc.)
Die vollständige Inventarisierung des Sammlungsbestands ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Kontrolle des Sammlungsguts und nach einem Diebstahl dringend erforderlich als Fahndungshilfe und Nachweis des ursprünglichen Besitzers. Das Inventarverzeichnis muss in einem sicheren, mittels EMA geschützten Bereich untergebracht sein. Inventare auf Datenträgern bzw. zumindest deren Sicherungskopie sind ebenso sicher zu lagern (ideal: Ort außerhalb der Einrichtung; siehe auch Kapitel Allgemeines Sicherheitsmanagement).