12 Unwetter
Die Bezeichnung Unwetter, Wetteranomalie oder auch Extremwetterereignis genannt, ist ein Sammelbegriff für extreme Wetterereignisse. Diese haben oft schwere oder gar lebensbedrohliche Folgen und stellen unter dem Aspekt der Sicherheit für Museen, Archive und Bibliotheken ein vielschichtiges Problem dar.
Im Folgenden wird der Sammelbegriff Unwetter klassifiziert und verschiedene Naturereignisse werden näher erläutert. Außerdem werden verschiedene Maßnahmen vorgestellt, um die Auswirkungen von ausgewählten Unwetterereignissen sowie die dadurch hervorgerufenen Schäden zu begrenzen bzw. zu minimieren. Gleichzeitig werden Schnittstellen zu weiteren Themenfeldern des SicherheitsLeitfadens benannt und ggf. näher erläutert.
Erscheinungsformen von Unwetter
Unter dem Begriff Unwetter sind verschiedene Naturereignisse mit teilweise unterschiedlicher Intensität und Auswirkung zusammengefasst:
- Stürme/Orkane
- räumlich eng begrenzte Starkwindereignisse (Tornado)
- Starkniederschläge (auch in Verbindung mit Gewitter, Hagel oder Graupel) und Dauerregen
- Schneefälle mit hoher Intensität
- starkes Tauwetter
- Glätte
Extreme Hitze bzw. Kälte zählen nicht zu den klassischen Unwetterereignissen, können aber dennoch zu weitreichenden Schäden führen.
Sturm und Orkan
Winde mit großer Intensität werden entsprechend ihrer Geschwindigkeiten als Sturm (ab Windstärke 9 und mit Windgeschwindigkeit von 75 bis 118 km/h) oder als Orkan (Windstärke 12 mit Windgeschwindigkeit > 117 km/h) bezeichnet. Kurzzeitige Windgeschwindigkeiten ab 118 km/h werden Orkanböen oder orkanartige Böen genannt.
Eine Klassifizierung der verschiedenen Winde erfolgt mittels der Beaufort-Skala (entwickelt 1806 und benannt nach dem englischen Admiral Sir Francis Beaufort,1774–1857). Mithilfe dieser Einteilung ist es möglich, die Auswirkungen des Windes abzuschätzen.
Windstärke
(Beaufortgrad) |
Bezeichnung | Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe über freiem Gelände
m/s km/h |
Beispiele für die Auswirkung des Windes im Binnenland | |
0 | Windstille | 0–0,2 | < 1 | keine Luftbewegung, Rauch steigt senkrecht auf |
1 | leiser Zug | 0,3–1,5 | 1–5 | Windrichtung angezeigt durch den Zug des Rauchs |
2 | leichte Brise | 1,6–3,3 | 6–11 | Wind im Gesicht spürbar, Blätter und Windfahnen bewegen sich |
3 | schwache Brise, schwacher Wind | 3,4–5,4 | 12–19 | Wind bewegt dünne Zweige und streckt Wimpel |
4 | mäßige Brise, mäßiger Wind | 5,5–7,9 | 20–28 | Wind bewegt Zweige und dünnere Äste, hebt Staub und loses Papier |
5 | frische Brise, frischer Wind | 8,0–10,7 | 29–38 | kleine Laubbäume beginnen zu schwanken, Schaumkronen bilden sich auf Seen |
6 | starker Wind | 10,8-13,8 | 39–49 | starke Äste schwanken, Regenschirme sind nur schwer zu halten, Telegrafenleitungen pfeifen im Wind |
7 | steifer Wind | 13,9–17,1 | 50–61 | fühlbare Hemmungen beim Gehen gegen den Wind, ganze Bäume bewegen sich |
8 | stürmischer Wind | 17,2–20,7 | 62–74 | Zweige brechen von Bäumen, erhebliche Erschwernis beim Gehen im Freien |
9 | Sturm | 20,8–24,4 | 75–88 | Äste brechen von Bäumen, kleinere Schäden an Häusern (Dachziegel oder Rauchhauben abgehoben) |
10 | schwerer Sturm | 24,5–28,4 | 89–102 | Wind bricht Bäume, größere Schäden an Häusern |
11 | orkanartiger Sturm | 28,5–32,6 | 103–117 | Wind entwurzelt Bäume, verbreitet Sturmschäden |
12 | Orkan | ab 32,7 | ab 118 | schwere Verwüstungen |
Tab. 1: Beaufort-Skala (Quelle: Wetterlexikon des Deutschen Wetterdienstes)
Starkwindereignis (Tornado)
Als Tornado, umgangssprachlich auch Windhose, werden in der Meteorologie Luftwirbel mit einer fast senkrechten Drehachse bezeichnet. Prinzipiell kann ein Tornado immer und überall auftreten.
Zur Klassifizierung der Intensität von Tornadowinden dient die sogenannte Fujita-Skala, benannt nach dem japanischen Meteorologen Tetsuya Theodore Fujita (1920-1998, erarbeitet 1971). In Abhängigkeit zur Windgeschwindigkeit erfolgt die Einteilung in Kategorien. Die Skala umfasst insgesamt 13 Stufen (F0 bis F12), wobei die Werte ab Stufe F6 bisher nicht beobachtet wurden und demzufolge nur theoretischer Art sind.
Fujita-Skala | Zerstörungskraft der Tornados | Windgeschwindigkeit (1 mph = 1,609344 km/h)
mph |
Windgeschwindigkeit (1 mph = 1,609344 km/h)
km/h |
Beispiele für die Auswirkungen von Tornados |
F0 | leicht | 40–72 | 64–116 | F0 wurde eingeführt, um Tornados unterhalb von 117 km/h (Beaufort 11) zu klassifizieren. Schornsteine und Reklametafeln werden demoliert, Äste abgebrochen und flach wurzelnde Bäume umgestoßen. |
F1 | mäßig | 73–112 | 117–180 | Autos werden von den Straßen geschoben, Wohnmobile umgeworfen, Wellblech bzw. Dachziegel abgerissen und Garagenbauten zerstört. |
F2 | bedeutend | 113–157 | 181–253 | Leichtere Gegenstände werden als gefährliche Wurfgeschosse durch die Luft gewirbelt, ganze Dächer abgedeckt, große Bäume gebrochen bzw. entwurzelt, Wohnwagen zerstört und Güterwaggons umgeworfen. |
F3 | stark | 158–206 | 254–332 | Dächer und Wände von stabilen Häusern werden zerstört, LKWs umgeworfen bzw. verschoben, Züge zum Entgleisen gebracht und ganze Wälder entwurzelt. |
F4 | verheerend | 207–260 | 333–418 | Häuser werden völlig zerstört, Gebäude mit schwachen Fundamenten als Ganzes weggeweht bzw. verschoben, große Gegenstände und Autos durch die Luft verfrachtet und schwere Gegenstände zu gefährlichen Projektilen. |
F5 | unglaublich | 261–318 | 419–512 | Stabile Gebäude werden aus ihren Fundamenten gehoben. Autos fliegen mehr als 100 Meter durch die Luft. Stahlbetonkonstruktionen werden beschädigt und sogar Baumstämme entrindet. |
F6 bis F12 | unfassbar | > 318 | > 512 | Es handelt sich um theoretische Werte, die bisher nicht beobachtet wurden. |
Tab. 2: Fujita-Skala (Quelle: Wetterlexikon des Deutschen Wetterdienstes)
Niederschläge (Regen und Schnee)
Niederschlag ist Wasser, das infolge der Schwerkraft in flüssiger Form als Regen bzw. in fester Form als Hagel, Graupel oder Schnee auf die Erde fällt.
Zur Klassifizierung eines unwetterartigen Niederschlagsereignisses wird die Niederschlagsmenge bei Regen bzw. Niederschlagshöhe bei Schneefall innerhalb eines Zeitintervalls angegeben. Dabei wird zwischen Starkregen, ergiebigem und extrem ergiebigem Dauerregen bzw. Schneefall und Schneeverwehungen unterschieden.
In der nachfolgenden Tabelle sind die wesentlichen Richtgrößen zur Unwettercharakteristik eines Niederschlagsereignisses angegeben:
Ereignis/Erscheinung | Schwellenwert | Bezeichnung |
Starkregen | 15 bis 25 l/m² in 1 Stunde 20 bis 35 l/m² in 6 Stunden |
Starkregen |
25 bis 40 l/m² in 1 Stunde 35 bis 60 l/m² in 6 Stunden |
heftiger Starkregen | |
> 40 l/m² in 1 Stunde > 60 l/m² in 6 Stunden |
extrem heftiger Starkregen | |
Dauerregen | 25 bis 40 l/m² in 12 Stunden 30 bis 50 l/m² in 24 Stunden 40 bis 60 l/m² in 48 Stunden 60 bis 90 l/m² in 72 Stunden40 bis 70 l/m² in 12 Stunden 50 bis 80 l/m² in 24 Stunden 60 bis 90 l/m² in 48 Stunden 90 bis 120 l/m² in 72 Stunden |
ergiebiger Dauerregen |
> 70 l/m² in 12 Stunden > 80 l/m² in 24 Stunden > 90 l/m² in 48 Stunden > 120 l/m² in 72 Stunden |
extrem ergiebiger Dauerregen | |
Schneefall | bis 5 cm in 6 Stunden bis 10 cm in 12 Stunden bis 15 cm in 24 Stunden bis 20 cm in 48/72 Stunden |
leichter Schneefall |
In Lagen bis 800 Meter (Flachland): 5 bis 10 cm in 6 Stunden 10 bis 15 cm in 12 Stunden 15 bis 30 cm in 24 Stunden 20 bis 40 cm in 48/72 StundenIn Lagen über 800 Meter (Bergland): 5 bis 20 cm in 6 Stunden 10 bis 30 cm in 12 Stunden 15 bis 40 cm in 24 Stunden 20 bis 50 cm in 48/72 Stunden |
Schneefall | |
In Lagen bis 800 Meter (Flachland): 10 bis 20 cm in 6 Stunden 15 bis 25 cm in 12 Stunden 30 bis 40 cm in 24 Stunden 40 bis 50 cm in 48/72 StundenIn Lagen über 800 Meter (Bergland): 20 bis 30 cm in 6 Stunden 30 bis 50 cm in 12 Stunden 40 bis 60 cm in 24 Stunden 50 bis 70 cm in 48/72 Stunden |
starker Schneefall | |
In Lagen bis 800 Meter (Flachland): verbreitet > 20 cm in 6 Stunden > 25 cm in 12 Stunden > 40 cm in 24 Stunden > 50 cm in 48/72 StundenIn Lagen über 800 Meter (Bergland): verbreitet > 30 cm in 6 Stunden > 50 cm in 12 Stunden > 60 cm in 24 Stunden > 70 cm in 48/72 Stunden |
extrem starker Schneefall | |
Schneeverwehung | Neuschnee oder lockere Schneedecke 5 bis 10 cm und wiederholt Böen 6 oder 7 Bft |
Schneeverwehung |
Neuschnee oder lockere Schneedecke > 10 cm und wiederholt Böen ab 8 Bft |
starke Schneeverwehung | |
Neuschnee oder lockere Schneedecke > 25 cm und wiederholt Böen ab 8 Bft |
extrem starke Schneeverwehung |
Tab. 3: Unwetterartige Niederschläge (Quelle: Warnkriterien des Deutschen Wetterdienstes)
Gewitter
Gewitter, meist begleitet von starken Winden und kräftigen Niederschlägen in Form von Regen oder Hagel, sind Entladungen zwischen unterschiedlichen elektrischen Feldern in der Atmosphäre – oder zwischen Atmosphäre und Erdoberfläche, die als Blitz (optisches Merkmal) und Donner (akustisches Merkmal) wahrgenommen werden.
Aufziehende Gewitter sind an den typischen, bedrohlich wirkenden schwarzblauen Wolken – Cumulonimbus genannt – zu erkennen. Einer positiven Ladung im oberen Teil einer Gewitterwolke steht eine negative Ladung im unteren Teil gegenüber. Analog verhält es sich mit den Temperaturen innerhalb der Wolke: Im positiven Ladungsbereich liegt sie bei ca. -30 °C, im negativen bei ca. -15 °C.
Dieses Temperaturgefälle verursacht starke Auf- und Abwinde mit hohen Geschwindigkeiten. Hierbei erfolgt ein Zusammenstoß der Wassertropfen und Eisteilchen. Dieser ist gemeinsam mit den wechselnden Aggregatzuständen des Wassers die Ursache des Auf- und Entladungsprozesses.
Entsprechend der Anzahl der elektrischen Entladungen wird die Intensität eines Gewitters beschrieben. Ein leichtes oder mäßiges Gewitter ist durch wenige oder regelmäßige Blitze charakterisiert. Bei einem starken Gewitter mit einer großen Anzahl von Blitzen können diese keinem Donner mehr zugeordnet werden.
Starkes Tauwetter
Eine Schneedecke taut ab, wenn die bodennahe Lufttemperatur den Gefrierpunkt überschreitet. Je größer dieser Temperaturunterschied ist, desto schneller taut die Schneedecke ab. Treten gleichzeitig ergiebige Niederschläge auf, wird der Abtauvorgang beschleunigt.
Ist eine Wasseraufnahme des Erdbodens dann nicht möglich, weil der Boden z.B. gesättigt oder noch gefroren ist, fließt das Tau- und Regenwasser besonders schnell ab. In der Folge kann es zu Hochwasserereignissen an Fließgewässern kommen.
Tauwetter wird dann als Unwetter charakterisiert, wenn (ergiebiger) Dauerregen bei einer vorhandenen Schneedecke von über 15 cm eintritt.
Glätte
Eisablagerungen am Boden bzw. an Gegenständen werden mit dem Sammelbegriff Glätte bezeichnet. Hierbei unterscheidet man zwischen Eisglätte und Glatteisbildung.
Eisglätte entsteht durch Gefrieren von Wasseransammlungen (z.B. Schmelzwasser). Das Gefahrenpotenzial bei dieser Glätteform besteht darin, dass mit dem Auftreten im Allgemeinen nicht gerechnet wird.
Glatteis ist das sofortige Gefrieren von unterkühltem Regen am Erdboden und an Gegenständen. Es tritt aber auch dann kurzzeitig auf, wenn die Wassertropfen nicht unterkühlt sind, aber auf unterkühlte Gegenstände oder gefrorenen Boden fallen, wobei mit sogenanntem Blitzeis zu rechnen ist.
Prävention – Begrenzung der Auswirkungen
Allgemeine präventive Maßnahmen
Um ausreichende Schutzmaßnahmen durchführen oder veranlassen zu können, ist eine frühzeitige Benachrichtigung oder Warnung unabdingbar. Über die Medien (Rundfunk, Presse, Internet) wird in der Regel frühzeitig vor dem Eintreten eines Unwetters gewarnt. Zusätzlich bieten verschiedene Internetportale die Möglichkeit an, über einen E-Mail-gesteuerten Verteildienst regional und zeitlich präzisierte Informationen zu erhalten. Beispiele sind die Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes (www.dwd.de) und die Warn-App NINA des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), in der Wetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes und Hochwasserinformationen der zuständigen Stellen der Bundesländer integriert sind.
Im weiteren zeitlichen Verlauf sind die Unwetterwarnungen anhand der objektbezogenen Besonderheiten der Einrichtung zu bewerten und die notwendigen Schutzmaßnahmen zu veranlassen. Hierfür ist es notwendig, eine auf die gesamte Liegenschaft bezogene Risikoanalyse zu erstellen. In dieser sind, abhängig von den unterschiedlichen Unwetterszenarien, mögliche Schadensbilder zu ermitteln und Schutzmaßnahmen zu deren Vermeidung oder Begrenzung festzulegen. Zusätzlich sind reaktive Maßnahmen zu definieren, um die Auswirkungen eines bereits eingetretenen Schadens zu verringern.
Eine klare Zuweisung der Maßnahmen zu den Akteuren (personen- und/oder funktionsgebunden), unter Berücksichtigung der technischen und organisatorischen Voraussetzungen, stellt die Anwendbarkeit der präventiven und reaktiven Maßnahmen sicher. Bei der Beschreibung der Maßnahmen ist auf den Selbstschutz der Akteure zu achten.
Ergänzend zur Risikoanalyse ist ein Anlagen- und Bauteilkataster zu erstellen, das z.B. Angaben über die konstruktive Ausführung, zulässige Belastungen, verwendete Materialen und ggf. notwendige (wiederkehrende) Prüfungen enthält.
Ebenso ist eine Aufstellung der ortsansässigen Baufirmen und kurzfristig verfügbaren weiteren Dienstleister sowie vorhandener Notfallmaterialien zu empfehlen (siehe Kapitel Allgemeines Sicherheitsmanagement).
Präventive Maßnahmen gegen Sturmschäden
Stürme oder Orkane sind nicht abwendbare Ereignisse. Ausgehend von der Bauweise bzw. Gebäudelage können nachfolgende Bauten als besonders sturmgefährdet betrachtet werden:
- alle einzeln stehenden Gebäude sowie Bauwerke, die aus einer geschlossenen Bebauung herausragen
- Bauten mit großen Dach- und Fassadenflächen
- Bauten mit unregelmäßigen Formen der Außenwand- oder Dachflächen
- Bauwerke, die geöffnete Fassadenflächen (z.B. Tore) aufweisen
Durch präventive Maßnahmen ist es möglich, Sturmschäden mittel- und langfristig zu minimieren oder gar auszuschließen. Insbesondere bei Dächern und Fassaden kann schon durch eine regelmäßige Kontrolle und Wartung verschiedener Bau- und Anbauteile das Schadensrisiko minimiert werden. Dabei sind nachfolgende Kontrollschwerpunkte (in Anlehnung an die VdS-Richtlinie 2089) zu setzen:
- aus der Verankerung gerissene Blitzableiter
- beschädigte, lose oder abgerissene Teile, Blasen oder Risse in der Dachhaut
- fehlende oder beschädigte Dachziegel oder Dachplatten und Verankerungen
- Risse oder Abplatzungen an Schornsteinköpfen, -abdeckungen und -einfassungen
- gelockerte Befestigungen von Antennenanlagen
- Risse im Außenmauerwerk
- schadhafte Dachüberstände, Schädlings- oder Fäulnisbefall im Holz
- lose Schneefanggitter
- undichte Dachfenster und Luken
- abgerissene oder verbogene Dachrinnen und Regenfallrohre
- unregelmäßige Kiesschüttung
- fehlende oder beschädigte Dachrandeinfassungen
- gelockerte Lichtkuppeln
- gelockerte Befestigungen bzw. Abspannungen von Dachaufbauten
- nur lose verbundener Fassadenschmuck z.B. in Form von Bauplastiken
- mit dem Bauwerk nicht ausreichend verbundene Werbeträger (z.B. Fahnenhalterungen, Hinweis- und Werbeschilder)
Eine weitere präventive Maßnahme zur Vermeidung von Sturmschäden ist die Sicherung von leichten und beweglichen Gegenständen im Außenbereich (z.B. Tische, Stühle, Kübelpflanzen, Werbeaufsteller, Schilder, Absperrungen, Bauzäune usw.).
Umknickende Bäume bzw. abbrechende Äste stellen ein zusätzliches Gefahrenpotenzial dar. Durch regelmäßige fachkundige Begehungen und Kontrollen sowie eine entsprechende Grünpflege können diese Gefahren begrenzt werden.
In Vorbereitung auf eine drohende Unwetterlage kann durch eine auf die bauliche Struktur abgestimmte Vorhaltung von Baumaterialien (z.B. Platten, Folien, Bleche) und Werkzeugen ein eingetretener Sachschaden begrenzt und somit Folgeschäden vermieden werden.
Präventive Maßnahmen gegen Schäden durch Niederschläge und Tauwetter
Extreme Niederschläge in Form von Starkregen bzw. Dauerregen, aber auch starkes Tauwetter, verursachen örtliche Überflutungen und Hochwasser an Fließgewässern sowie situationsbedingt verschiedene Folgeerscheinungen wie z.B. rückstauendes Wasser infolge einer Überlastung des Kanalsystems oder erhöhte Grundwasserstände. Diese führen nicht nur zu Schäden an baulichen und technischen Strukturen, sondern stellen auch eine Gefahr für Personen dar (siehe Kapitel Flut).
Das Thema Niederschläge beinhaltet einen weiteren Gefahrenschwerpunkt: Durch starken Schneefall bzw. auch durch Schneeverwehungen können erhebliche Belastungen auf einzelne Bauteile wie z.B. Dächer, Oberlichter usw. oder auch auf die Gebäudestruktur einwirken. Der Einsturz von Dächern infolge von Schneelast ist daher ein nicht zu unterschätzendes Risiko.
Um die maximale Schneehöhe auf Dächern bestimmen zu können bzw. den Zeitpunkt einer Schneebeseitigung festzulegen, ist es unerlässlich, die Traglastkapazitäten (Verkehrslasten) der Dachkonstruktion zu kennen. Unter Berücksichtigung dieser Angaben sowie der Zustandsform des Schnees kann anhand von Tabelle 4 ermittelt werden, welche zulässigen Höhen nicht überschritten werden dürfen. Für die Ermittlung dieser Angaben sollte ein Fachingenieur oder bei öffentlichen Gebäuden die zuständige Bau- und Liegenschaftsverwaltung zurate gezogen werden.
Schneeart | Gewicht pro m³ | Schneehöhe von 100 kg pro m² |
trockener, lockerer Neuschnee | 30–50 kg | ca. 2–3 m |
gebundener Neuschnee | 50–100 kg | ca. 1–2 m |
stark gebundener Neuschnee | 100–200 kg | ca. 0,5–1 m |
trockener Altschnee | 200–400 kg | ca. 25–50 cm |
feuchtnasser Altschnee | 300–500 kg | ca. 20–35 cm |
Eis | 800–900 kg | ca. 11–12 cm dick |
Tab. 4: Gewichte in Abhängigkeit der Schneeart (Quelle: Niederösterreichischer Zivilschutzverband, Safety Ratgeber Wetterbedingte Naturgefahren, www.noezsv.at)
Unter Berücksichtigung der Traglastkapazitäten ist abzuwägen, ab welcher Schneehöhe vorsorglich die Dachfläche zu beräumen ist. Wird eine Beräumung für notwendig erachtet, sollten nachfolgende Grundsätze zur sicheren Durchführung eingehalten werden:
- Vor dem Betreten der Dachfläche ist zu prüfen, ob zusätzliche Belastungen noch aufgenommen werden können. Zur Beurteilung, ob ein sicheres Betreten möglich ist, ist im Zweifelsfall ein Fachmann (z.B. Statiker) hinzuzuziehen.
- Auf arbeitsschutzrelevante Aspekte ist zu achten, da unter Umständen Dächer von Altbauten nicht immer zu begehen sind. Es besteht Absturzgefahr bei nicht durchtrittsicheren Dacheinbauten (z.B. Lichtkuppeln, Lichtbänder) sowie im Dachrandbereich/Dachüberstand. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Dacheinbauten mit Schnee verdeckt sein können. Ebenfalls sind sichere Aufstiegsmöglichkeiten zu gewährleisten.
- Bei der Beräumung des Daches ist die Statik der Stütz- bzw. Dachkonstruktion zu beachten. Eine einseitige Beräumung kann unter Umständen zu Stabilitätsproblemen führen, da die Fläche dann nicht gleichmäßig entlastet wird. Auch hier ist die Einbindung eines Fachmanns sinnvoll.
- Um das Räumpersonal vor Absturz zu schützen, sind wirksame Schutzmaßnahmen (z.B. Absturzsicherung) vorzusehen. Die Einbindung der Fachkraft für Arbeitssicherheit wird empfohlen.
- Die Abwurfstellen im Bereich öffentlicher Verkehrsflächen sind zu sichern.
Es empfiehlt sich, frühzeitig vor Einbruch der Wintersaison die vorgenannten Grundsätze zu durchdenken bzw. umzusetzen. Für den Fall, dass man personell und technisch nicht in der Lage ist, die Beräumung durchzuführen, kann ein entsprechendes Unternehmen hiermit beauftragt werden (Wartungsvertrag). Eine Arbeitshilfe für die Planung einer sicheren Schneeräumung auf Dachflächen bietet die DGUV Information 212-002 (Herausgeber: DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V.).
Nach einer langen Winterperiode mit hohen Schneebelastungen ist es empfehlenswert, die Dachfläche und -konstruktion einer Inspektion durch entsprechendes Fachpersonal zu unterziehen. Hierbei sollte der gesamte Zustand der Konstruktion auf folgende Mängel kontrolliert werden:
- Beschädigung der Dachhaut (Undichtigkeiten)
- Trittsicherheit der Dacheindeckung
- Schädlingsbefall von Holzkonstruktionen (z.B. Pilzbefall)
- Wasserflecken aufgrund von Kondensatbildung
- allgemeine Beschädigung der Stützkonstruktion (Dachstuhl)
- Korrosion von metallischen Tragwerkskonstruktionen
Schneefall in Kombination mit mäßigen oder starken Winden stellt bei undichter Dachhaut eine weitere Gefahrenquelle dar. Bei originalen historischen Dächern ohne abgedichtete Dachhaut kann Schnee, sogenannter Flugschnee, durch Verwirbelung in die Dachhaut eindringen und sich dort ablagern. Um das Eindringen von Tauwasser zu vermeiden, ist eine rasche Beseitung zu gewährleisten. Durch eine regelmäßige Begehung der Bereiche sowie frühzeitige Beseitigung können weitere Schäden ausgeschlossen werden.
Einrichtungen in lawinengefährdeten Regionen sollten unter Hinzuziehung von Experten ihr Risiko bewerten und geeignete Schutzmaßnahmen treffen.
Eine weitere Form des festen Niederschlags ist Hagel. Starke Aufwinde in den Gewitterwolken verhindern, dass kleine Regentropfen aus der Wolke nach unten fallen. Die Tropfen werden immer wieder nach oben transportiert, gefrieren und neues Eis wird angelagert. Können die Eiskörner von den Aufwinden nicht mehr gehalten werden, fallen diese als kalte Tropfen, Graupel (Eiskörner < 5 mm) oder Hagel (Eiskörner > 5 mm) zu Boden.
Je stärker die Aufwinde in der Gewitterwolke sind, desto größer können die Hagelkörner werden. Extremfälle mit einem Durchmesser bis zu 8 cm als Einzelkörner sowie ca. 10 cm große Hagelkonglomerate sind möglich.
In Abhängigkeit des Korndurchmessers steigt das Gefahren- bzw. Schadenspotenzial. Im Extremfall können Hagelkörner Dächer und Glasflächen durchschlagen, ebenso sind Schäden und Zerstörungen an Grünanlagen und Objekten im Außenbereich möglich. Fällt der Hagel in kleinen Körnern, können zusätzlich lokale Überflutungen entstehen.
Um schützenswerte Objekte vor Schäden zu bewahren, empfiehlt sich der Einsatz von Hagelschutznetzen und -planen. Ebenso können bewegliche Güter in Sicherheit gebracht werden (siehe Abschnitt Sturm).
Zur Gewährleistung der Gebäudesicherheit sollten bei Neubauten und – falls möglich – bei Sanierungen Elemente der Gebäudehülle wie Fenster, Dachverglasungen, Oberlichter usw. aus hagelresistenten Materialien eingebaut werden.
Präventive Maßnahmen gegen Schäden durch Gewitter
Begleiterscheinungen starker Gewitter sind neben Stürmen und ergiebigen Niederschlägen auch auftretende elektrische Entladungen (Blitze).
Folgen eines Blitzeinschlags können neben Bränden, ausgelöst durch Kurzschlüsse im Elektronetz, auch Verletzungen von Personen sowie Explosionen sein. Wird beispielsweise ein Baum von einem Blitz getroffen, verdampft durch die große Hitze das im Baum vorhandene Wasser und es kann zu explosionsartigen Erscheinungen kommen.
Durch die Installation eines Blitzableiters können Gebäude vor Schäden durch Blitzeinschlag geschützt werden. Eine norm- und fachgerechte Montage sowie eine entsprechend den baulichen Gesetzlichkeiten wiederkehrende Prüfung/Wartung bilden hierfür eine wesentliche Voraussetzung.
Um Personenschäden auszuschließen, sind folgende Verhaltensweisen zu beachten:
- möglichst von Wasserhähnen oder Duschen fernhalten
- während des Gewitters keine Feuchtearbeiten durchführen
- nicht mit einem schnurgebundenen Festnetztelefon telefonieren
- Fenster und Türen schließen
- Gas-, Wasser- und Heizungsrohre nicht berühren
- von elektrischen Einrichtungen mindestens einen Meter Abstand halten