7 Abnutzung
Abnutzung und Verschleiß sind sich eher langsam abzeichnende und im täglichen Umgang kaum wahrnehmbare Bedrohungen, denen Kulturgüter ausgesetzt sind. Sie fallen oft erst im Vergleich von Abbildungen auf, die den Zustand von Objekten über größere Zeitabstände dokumentieren. Sie müssen aber nicht als schicksalhaft oder als logische Folge der Nutzung kultureller Gegenstände in ihrer Funktion als Informationsquelle, Ausstellungsstück oder begehbares Denkmal hingenommen werden, denn in vielen Fällen helfen bereits ein bewusster Umgang und einfache Mittel dabei, mögliche Nutzungsschäden zu minimieren.
Was ist unter Nutzung von Kulturgütern und weiter unter Nutzungsschäden zu verstehen? Im Fokus der Betrachtung steht der Umgang mit Kulturgütern, die für die Öffentlichkeit erschlossen und zugänglich gemacht werden, wie beispielsweise historische Gebäude, Sammlungsgut, Bücher und Archivalien. Die Art ihrer Nutzung hängt von der Art des jeweiligen Kulturguts ab; Nutzungsschäden hingegen lassen sich im Allgemeinen auf wenige, einzeln oder in Kombination auftretende Ursachen zurückführen, wie Tabelle 1 zeigt.
Ursachen für Nutzungsschäden … | … sind begründet in: |
ständige oder übermäßige Nutzung | hoher Wertschätzung (Seltenheit, Informationsgehalt, künstlerische Technik, Material, Popularität/Vermarktung usw.), wie sie sich u.a. im starken Besucherandrang in berühmten Schlossbauten, wie z.B. Schloss Sanssouci, ablesen lässt. |
nachlässiger Umgang in der Benutzung | mangelnder Wertschätzung (Reproduzierbarkeit, moderne Materialien etc.), beispielsweise gegenüber Fotoabzügen, Alltagsobjekten oder abstrakt gestalteten Außenskulpturen. |
fahrlässiger Umgang in der Benutzung | mangelnder Sensibilisierung oder dem Unvermögen, die Folgen der eigenen Handlungen abzusehen, häufig infolge mangelnder Einweisung bzw. beim Einsatz unqualifizierter Arbeitskräfte. |
Tab. 1: Zusammenhang zwischen Nutzungsart und Nutzungsschäden
Im Grunde bestätigt eine hohe Nutzungsfrequenz die gesellschaftliche Bedeutung des betreffenden Kulturguts. Begreifen wir unser kulturelles Erbe als Ressource, so ist dessen sorgsame und nachhaltige Nutzung durchaus zu begrüßen. Doch diese Nutzung darf nicht in einen „Verbrauch“ ausufern, sondern muss mit Blick auf die Interessen der nachfolgenden Generationen möglichst bewusst und schonend geschehen.
Historische Gebäude und ihre Ausstattung
Bereits das Betreten von Gebäuden führt zu einem allmählichen Abtrag an Böden, Treppen oder Handläufen. Auch Wandverkleidungen oder Türen sind durch unabsichtliches Vorbeischleifen mit Kleidung oder Taschen gefährdet. Der Abrieb betrifft zunächst die Oberfläche, setzt sich jedoch bis zu den Trägermaterialien fort. Besonders intensive Belastung kann bis zur Schädigung der Bodenkonstruktion führen. Handelt es sich um sehr kostbare Böden, bedarf der Laufbereich eines individuell zugeschnittenen Schutzes (Teppiche in den Laufbereichen, Laufstege). Doch nicht allein die direkte mechanische Abnutzung durch Sohlen- oder Handkontakt ist von Bedeutung, mit den Besuchern gelangt auch Schmutz von außen in das Gebäude. Feiner Staub verteilt sich auf der Einrichtung, während gröbere Schmutzpartikel am Boden bleiben und unter den Sohlen wie Schleifkörner wirken. Filzpantoffel sind nur geeignet, wenn sie erst hinter der Sauberlaufzone ausgegeben werden und mindestens mehrmals wöchentlich gründlich ausgeschlagen werden. Bei hohem Besucheraufkommen verkürzen sich die erforderlichen Reinigungsintervalle, was wiederum einen Abnutzungsfaktor darstellt – insbesondere, wenn dafür zwar zweckmäßige, jedoch unter konservatorischen Gesichtspunkten ungeeignete Mittel und Methoden angewendet werden (Abb. 1). Zur Reduzierung des Schmutzaufkommens sind Sauberlaufzonen in den Eingangsbereichen erste wirksame Maßnahmen, sie sollten durch ein spezifisches Pflege- und Wartungskonzept ergänzt sein.
Abb. 1: Durch feuchtes Abwischen des Marmorsimses wurde die Blattvergoldung des Spiegelrahmens abgetragen. |
Bauarbeiten in historischen Gebäuden und Museen
Ein großes Problem stellen Bauarbeiten in historischen Gebäuden und Museen dar, weil diese grundsätzlich zu hohen Belastungen für die Umgebung und Objekte führen, aber auch weil Personal und Handwerker häufig nicht ausreichend sensibilisiert sind. In der Folge der Bautätigkeit verteilt sich aggressiver, mineralischer Staub über ganze Raumfolgen und setzt sich auf empfindlichen Oberflächen ab. Dessen Entfernung ist dann – wenn überhaupt – nur durch Restauratoren möglich. Mobile Kulturgüter sollten vor Bauarbeiten aus der Gefahrenzone entfernt und ortsfeste Ausstattung durch dichte Einhausungen geschützt werden. Die strikte Trennung von Schmutz- und Sauberzonen gehört ebenso unverzichtbar zur Vorplanung wie die Einrichtung von Staubschleusen mit feuchten Bodenmatten. Eine Beaufsichtigung der Bauarbeiten seitens der Einrichtung ist unabdingbar.
Veranstaltungen in denkmalgeschützten Gebäuden
Denkmalgeschützte Gebäude werden nicht nur für Besichtigungen, sondern auch für Veranstaltungen, Empfänge und Konzerte oder als Kulisse für Dreharbeiten und Fotoaufnahmen genutzt. Während die zusätzlichen Einnahmen zur Finanzierung erhaltender Maßnahmen beitragen können, besteht gleichzeitig die Gefahr, dass das Denkmal gerade unter dieser Nutzung leidet, da die meist für einen eher kleinen Besucherkreis konzipierten Räumlichkeiten oft nicht für einen massenhaften Andrang geeignet sind (Abb. 2). Die Gefahr der Abnutzung resultiert einerseits aus zu hohen Besucherzahlen, andererseits können mangelnde Sensibilisierung, Ablenkung durch verschiedenste Arbeiten oder eine ausgelassene Stimmung zum fahrlässigen Umgang mit historischer Substanz verleiten und dadurch Schäden an Einrichtung und Ausstattung verursachen. Gefährlich sind insbesondere eine übermäßige Bestuhlung, temporäre Einbauten, Dekoration und Kerzenbeleuchtung, Zubereitung und Verspeisen von Lebensmitteln (Buffet, Getränke) sowie die Beeinflussung des Klimas (Wärmestrahlung von Lampen und großen Gruppen sowie deren feuchte Ausdünstungen). Bevor Schritte zur Steigerung der Besucherzahlen ergriffen werden, müssen darum stets konservatorisch verträgliche Nutzungskonzepte erarbeitet werden. Mit klar formulierten Rahmenbedingungen, die der jeweiligen Raumsituation Rechnung tragen und die im Vorfeld vertraglich zu regeln sind, können die Veranstalter und deren Gäste sensibilisiert und somit Schäden vermieden werden.
Abb. 2: Großer Besucherandrang im kurfürstlichen Ruhezimmer der Amalienburg, Schlosspark Nymphenburg, München |
Tabelle 2 vermittelt eine Übersicht über die verschiedenen Nutzungsarten der Denkmäler und die aus ihnen resultierenden Schäden.
Denkmäler | Art der Nutzung | Ursachen für Verschleiß |
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Tab. 2: Denkmäler und ihr Verschleiß
Skulpturen, Standbilder und sonstige Denkmäler im Außenbereich bilden einen Sonderfall. Zwar stellt Abnutzung auch in diesem Zusammenhang eine Gefährdung dar, doch erscheinen mutwillige Beschädigung (Vandalismus), freie Bewitterung und Einwirkung von Luftschadstoffen oder sogar Diebstahl als weitaus größere Bedrohungen – insbesondere die Entwendung von Metallskulpturen aus öffentlichen Bereichen hat infolge stark angestiegener Materialpreise zugenommen. Zur Vertiefung sei hier auf die Kapitel Vandalismus und Diebstahl verwiesen.
Ausstellungen: Objekthandhabung, Transport und Präsentation
Die Museen nehmen mit dem Ausstellen eine ihrer zentralen Aufgaben wahr. Allerdings herrschen in Schauräumen häufig Umgebungsbedingungen, die sich negativ auf die Erhaltung der Exponate auswirken – es sei allein auf die zum Sehen notwendige Beleuchtung hingewiesen. Somit leiten sich aus dem Ausstellen und dem Bewahren unvermeidliche Zielkonflikte ab. Bei der Realisierung von Ausstellungen – dazu zählen Handhabung, Transporte, Montage und Hängung – gilt es außerdem, die Gefährdung durch mechanische Abnutzung so gering wie möglich zu halten (Tabelle 3 vermittelt einen Überblick der häufigsten Abnutzungsursachen im Ausstellungsbereich).
Ist ein Exponat in einem ausstellungsfähigen Zustand? Ist es transportfähig? Wo liegen seine konstruktiven Schwachpunkte? Welche Umgebungsbedingungen sind aus konservatorischer Sicht notwendig und müssen geschaffen werden? Die Antworten auf diese Fragen sind entscheidende Voraussetzungen zur Vermeidung von Abnutzungserscheinungen im Ausstellungswesen.
Kulturgüter nehmen bereits durch falsche Handhabung Schaden. Berührt man ihre Oberflächen mit bloßen Händen, fördert der applizierte Handschweiß Korrosionserscheinungen und bindet Schmutz (Abb. 3 und 4); dünnschichtige Fassungen, wie z.B. Polimentvergoldungen, werden bei wiederkehrender Berührung schnell durchgerieben. Schäden dieser Art können durch das Tragen von Handschuhen verringert oder ganz vermieden werden. Vinyl- oder Nitrilhandschuhe sind gewöhnlichen Baumwollhandschuhen vorzuziehen, da sie auch bei glatten Gegenständen einen sicheren Halt gewährleisten und an rauen Oberflächen keine Fasern hinterlassen.
Abb. 3: Skulptur aus polierter Bronze | Abb. 4: Detailansicht der Oberfläche: Massenhafte Berührungen mit bloßen Händen haben korrodierte Fingerabdrücke auf der Skulptur hinterlassen |
Unvorsichtiges Anfassen verursacht nicht nur bei fragilen Objekten Brüche, sondern kann auch zum Abreißen konstruktiver Teile führen, selbst wenn diese ehemals die Funktion eines Griffs, eines Henkels oder einer Tragelasche besaßen. Es empfiehlt sich daher, Gegenstände nur einzeln zu bewegen, flächig von unten zu unterstützen und nur an stabilen Stellen anzufassen. Bei Transporten gilt es, insbesondere Erschütterungen und Vibrationen zu vermeiden. Auch das Anheben an konstruktiv ungeeigneten Stellen kann zu Schäden führen. Bevor Objekte bewegt werden, sind einige Voraussetzungen zu erfüllen. Zunächst muss der Erhaltungszustand geprüft werden, denn nach Möglichkeit sollten nur stabile Objekte bewegt werden. Der Weg zum Bestimmungsort muss ohne mehrmaliges Abstellen und Aufnehmen des Objekts möglich sein. Dazu benötigt man je nach Ausmaß und Gewicht einen oder mehrere Träger, die den Gegenstand sicher von unten halten, und eine weitere Person, die ggf. Türen öffnet und schließt. Alle Personen, die das Objekt anfassen, sollten Handschuhe tragen und scharfkantige Gürtelschnallen, Armbanduhren und dergleichen ablegen. Will oder muss man allein mehrere Gegenstände bewegen, dann sollte man sie gut abgepolstert in einer Kiste oder auf einem luftbereiften Etagen- bzw. Gemäldewagen transportieren. Bei empfindlichen, geschädigten und flexiblen Objekten ist es ratsam, eine Spezialhalterung anfertigen zu lassen. Auf dieser Halterung ruhend können sie berührungslos transportiert und sogar ausgestellt oder deponiert werden. Besonders empfindliche und/oder wertvolle Objekte sollten ausschließlich durch Restauratoren und geschultes Personal bewegt werden!
Sollen Sammlungsgegenstände größere Distanzen unbeschadet überstehen, beispielsweise im Leihverkehr oder auf Wegen zwischen Depot und Ausstellungshaus, ist besonderer Wert auf eine gute Schutzverpackung zu legen. Je nach Empfindlichkeit des Gegenstands sind mehrere Hüllebenen erforderlich. Von außen nach innen betrachtet schützt eine stabile Box oder Holzkiste vor Quetschungen. Darin federn Polster aus PE-Schaumstoff, Polyestervlies oder mit EPS-Perlen gefüllte Kissen Vibrationen sowie Stöße ab. Eine Lage Seidenpapier oder Polyethylenvlies (Tyvek®), unmittelbar um das Objekt geschlagen, schützt schließlich vor Kratzern und Abriebspuren. Für weitere Transporte oder die hausinterne Zwischenlagerung kann die letztgenannte Verpackungslage – nach eingehender Zustandsprüfung – als Schutzschild gegen Verschmutzung oder Staub am Objekt verbleiben.
Im Leihverkehr steigert die Beauftragung einer Kunstspedition oder die Transportbegleitung durch einen Kurier die Objektsicherheit zusätzlich. Als Orientierungshilfe sei an dieser Stelle auch auf die Normen DIN EN 15946:2011-11 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Verpackungsverfahren für den Transport“ und DIN EN 16648:2015-11 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Transportmethoden“ verwiesen.
Über die Dauer ihrer Ausstellung müssen dreidimensionale Exponate fachgerecht montiert werden. Mangelt es an einer unterstützenden, ihrer Form entsprechenden Halterung, besteht aufgrund ihres Eigengewichts die Gefahr einer irreversiblen Deformierung (Abb. 5). Konstruktive Schwachpunkte der Ausstellungsstücke gilt es zu erkennen und durch unauffällige, gepolsterte Halterungen aus geeigneten Materialien zu unterstützen. Zur Vermeidung von Unfällen sollten am Boden stehende Exponate mit einer Einfassung versehen oder auf einem Podest präsentiert werden; Taschen, Mäntel und sperrige Gegenstände sollten nicht mit in die Ausstellung genommen werden (siehe auch Kapitel Havarien/Unfälle). Maßnahmen zur Steuerung von Gruppengrößen und Besucherströmen reduzieren die Gefahr von Abnutzungen.
Abb. 5: Durch die geöffnete Präsentation dieser Bibel (um 1790) in einer zu klein bemessenen Vitrine ist im Buchdeckel ein Knick entstanden |
Ein Großteil der Ausstellungsbesucher verbindet – trotz Verbot – Anfassen mit Erfassen. Das eigene Berühren wird als singuläre, harmlose Handlung wahrgenommen, summiert sich jedoch zu Abrieb und chemisch wirksamer Verschmutzung. Es ist daher ratsam, besonders empfindliche Objekte durch Vitrinen, Verglasung oder Abstandhalter zu schützen. Mit speziellen didaktischen Mitteln, wie den sogenannten Anfassstationen/„Hands-on“-Bereichen (Nachbildungen von Exponaten oder künstlerischen Techniken, die berührt werden dürfen), können die haptischen Bedürfnisse der Besucher befriedigt werden, ohne dabei Originale zu verschleißen (Abb. 6 und 7). Zur Sensibilisierung der Museumsgäste sollte bereits im Eingangsbereich auf eine Besucherordnung hingewiesen werden.
Abb. 6: Taststation mit verschiedenen Leisten, die mit historischen Techniken gestaltet wurden | Abb. 7: Replik eines Kettenhemds zum Anfassen für die Museumsbesucher |
Einen Sonderfall bilden in diesem Zusammenhang technisches Kulturgut und kinetische Kunstwerke, deren Wahrnehmung und Verständnis den Ablauf von Bewegungen voraussetzt. Bewegung bedeutet in den meisten Fällen jedoch auch Verschleiß. Hier gilt es, vertretbare Einzelfalllösungen zu finden, deren Spektrum von begrenzter Betriebsdauer (Zeitschalter, Bewegungsmelder) bis hin zum regelmäßigen Ersatz von Verschleißteilen reichen kann.
Exponate | Art der Nutzung | Verschleiß im Ausstellungsbetrieb |
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Tab. 3: Ausstellungsexponate und ihr Verschleiß
Archive und Bibliotheken
Ereignisse der Vergangenheit ließen sich ohne den Zugriff auf gesammelte Fotos, Akten, Karten, Pläne und sonstige Dokumente nur schwer oder überhaupt nicht mehr nachvollziehen. Archive und Bibliotheken mit einem Bestand an alten Büchern besitzen damit eine Schlüsselrolle für die Erforschung historischer Zusammenhänge. Der Wert der Archivalien steht und fällt jedoch mit ihrer systematischen Erschließung – dazu zählt die Erfassung von Beständen unter Wahrung ihrer ursprünglichen Ordnung und Zusammenhänge, ihre Verschlagwortung, das Anlegen von Findmitteln und nicht zuletzt ihre ordentliche Ablage und Lagerung.
Die ursprünglichen Besitzer der Dokumente haben häufig Heft- und Bindematerialien verwendet, die schnell altern und dabei zu Schäden am Archivgut führen können. So korrodieren Büro- und Heftklammern aus Metall, verfärben Papiere und zerbrechen schließlich unter leichtester Belastung, beispielsweise beim Umblättern. Die Dokumente laufen Gefahr, aus Sinnzusammenhängen herausgelöst zu werden, womit sie ihren Zeugniswert vollständig verlieren können. Ähnlich verhält es sich mit Gummibändern, wenn sie verspröden und reißen. Sie können jedoch auch erweichen und wirken dann wie ein Tropfen Klebstoff zwischen den Dokumenten. Versucht man diese voneinander zu lösen, reißen leicht Teile von dem einen ab und bleiben an dem anderen haften. Zur Aufbereitung von Archivalien für die Nutzung sollten deshalb vergängliche gegen dauerhafte Materialien ausgetauscht werden (Fadenbindung, Pergamenthüllen, Mappen aus säurefreiem Karton usw.).
Archivmaterialien leiden unter häufiger, doch mehr noch unter unsachgemäßer Nutzung. Selbst durch das Berühren mit vermeintlich sauberen Händen wird Handschweiß appliziert, dessen Säureanteil oft irreversible chemische Veränderungen verursacht. Historisches Film- und Fotomaterial sollte man aus diesem Grund nur mit Handschuhen anfassen (Abb. 8). Alte, holzhaltige Papiere können derart versprödet sein, dass sie selbst bei schonender Handhabung reißen oder zerbrechen. Für stark gealterte oder besonders wertvolle Dokumente ist daher die Mikroverfilmung bzw. Digitalisierung die sicherste Lösung, möchte man die originalen Materialien langfristig erhalten und die von ihnen ablesbaren Informationen weiterhin einem großen Nutzerkreis zugänglich machen.
Abb. 8: Handhabung von historischen Fotos mit Baumwollhandschuhen |
Je besser ein Bestand erschlossen ist, desto einfacher und zielgerichteter lässt sich damit arbeiten. Zu diesem Zweck sind, neben den zuvor erwähnten Findmitteln, geräumige Arbeitstische mit guter Beleuchtung ebenso wichtig wie die Möglichkeit, Kopien oder Reproduktionen anfertigen zu lassen. Archivbesucher und Nutzer alter Bücher in Bibliotheken sollten sich vor der Nutzung registrieren und ihr Forschungsinteresse darlegen. In der Summe vermeiden diese Maßnahmen Frustrationserlebnisse bei den Nutzern und reduzieren die Gefährdung durch vorsätzliche Beschädigungen oder sogar Diebstahl. Um fahrlässig verursachte Schäden zu minimieren, sollte das Verzehren von Lebensmitteln und Getränken in Lesesälen verboten sein. Die Kontrolle des sorgfältigen Umgangs lässt sich im Nutzersaal am besten umsetzen. Ein Ausleihen von originalem Archivmaterial sollte daher eine Ausnahme und konservatorisch betreuten Ausstellungen vorbehalten sein. Die folgende Tabelle 4 nennt Beispiele für Archivalien sowie für deren Nutzung und fasst die potenziellen Nutzungsschäden zusammen.
Art der Objekte | Art der Nutzung | Nutzungsschäden |
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Tab. 4: Verschleiß von Büchern und Archivalien
Maßnahmen zum Schutz von Büchern und Archivalien durch unsachgemäße Handhabung, Vandalismus und Diebstahl sind die Nutzerregistrierung, Benutzerordnungen sowie ein Scan- und Kopierservice.
Alle Besucherinnen und Besucher eines Archivs oder einer Bibliothek sollten zu Beginn registriert werden (Personalien, Grund des Besuchs) und die Benutzerordnung unterschreiben, mit der sie die Verhaltensregeln anerkennen.
Kopien oder Scans von Archivalien und Büchern sollten nicht durch die Nutzer/innen selbst vorgenommen werden, da sie mit dem sachgemäßen Umgang nicht ausreichend vertraut sind. Diese Aufgabe sollte ausschließlich geschultes Personal übernehmen. Ein entsprechendes Angebot beugt auch Vandalismus und Diebstahl vor. Besonders empfindliche Archivalien und Bücher sollten digitalisiert werden, um eine Nutzung unabhängig vom Original möglich zu machen.
Christoph Wenzel
Fotos: Christoph Wenzel